Ein Raum für die Seele
Dass jetzt die erste Biografie zu Leben und Werk des Möbeldesigners vorliegt, kann als Glücksfall bezeichnet werden. Nicht nur, weil ein jüdisches Schicksal zwischen den Weltkriegen nachgezeichnet wird und wir dadurch interessante Einblicke in Zeitgeschehen und Familiengeschichte erhalten, sondern mehr noch, weil an der Person Franks sich die geistig-künstlerische Atmosphäre der Epoche bis zum totalen Krieg der Nazis erleben lässt. Aus einer jüdischen Bankiersfamilie stammend, zu der auch sein entfernter Verwandter Otto Frank, der Vater von Anne Frank, gehörte, verliert er durch den Ersten Weltkrieg mit 20 seine Familie. Aus der Begeisterung für moderne Kunst und Literatur wächst das Interesse für Einrichtung und Raumgestaltung. Die Kreise, in denen Frank sich bewegt, reichen vom französischen Adel bis zu Salvadore Dalí und Giacometti, der für ihn Lampen entwirft. Bei allem Erfolg als gefragter Inneneinrichter legt sich aber wie ein Schatten der Untergang seiner Familie auf ihn. Der Kriegstod der beiden älteren Brüder, ließ den Vater Selbstmord begehen und die Mutter fortan in der Psychiatrie leben. Jean-Michel rettete sich in seine so stilvoll entleerten Räume, in die zeitlosen Interieurs mit luxuriösen Materialien, die als eine so faszinierende Kontrastierung von Einfachheit und höchster Eleganz beschrieben werden. Allein, diese Interieurs können seiner wunden Seele keinen Raum bieten und so stürzt er sich 1941 in New York aus dem Fenster seines Appartements. So ist diese Darstellung keine sachlich kunsthistorische Würdigung, sondern ein intimes Portrait eines Menschen, der sich vor den Nazis nach Südamerika und New York retten musste, um dort dann gänzlich zu zerbrechen. - Empfehlenswert für größere Bestände und Leser, die zugleich für die Geschichte einer Seele wie die der Innendekoration empfänglich sind.
Helmut Krebs
rezensiert für den Borromäusverein.
Ein Raum für die Seele
Maarten van Buuren
Fischer (2016)
279 S. : Ill.
fest geb.