Macht und Widerstand

Der zeitgeschichtlich hochinteressante Roman des 1965 in Bulgarien geborenen deutschsprachigen Autors befasst sich mit der jüngeren Geschichte Bulgariens, von 1944, als dem von sowjetischen Truppen besetzten Land ein stalinistisches System aufoktroyiert wurde, bis zum Zusammenbruch des Regimes 1990. Metodi Popow, ein kompromissloser Parteisoldat und Karrierist, der seine Stellung in jeder Hinsicht skrupellos ausnützt, und sein Altersgenosse Konstantin Scheitanow, ebenso kompromissloser Gegner des Regimes, stehen sich in einem ungleichen Kampf gegenüber. Weil er 1953 einen Bombenanschlag auf ein Stalin-Denkmal verübt hat und wegen seiner anarchistischen Gesinnung wird Konstantin zu 20 Jahren Lagerhaft verurteilt. Weder Drohungen, barbarische Haftbedingungen, härteste Folter oder auch die Aussicht auf Milde brechen seinen Widerstand. Im Wechsel schildern beide Antagonisten rückblickend dieses unerbittliche Ringen aus ihrer jeweiligen Sicht, aus dem letztlich Konstantin als wenigstens moralischer Sieger hervorgeht. "Es hat sich gelohnt", lautet der Schlusssatz des Romans. Einmontiert in die Erinnerungsprotokolle ist eine große Zahl von Verhör- und Überwachungsmitschriften der bulgarischen Stasi. Konstantin hatte nach der Wende Berge von Akten durchforstet, um die Denunzianten ausfindig zu machen. Kaum einer der Repräsentanten des Regimes wird allerdings zur Rechenschaft gezogen. Und so demonstriert der genau recherchierte Roman auf exemplarische Weise, dass selbst bei revolutionärer Ablösung eines totalitären Systems durch ein demokratisches weitgehend Kontinuität der Machteliten zu konstatieren ist. Vor allem aber stellt der packende Roman die Frage nach dem Sinn von politischem Widerstand auch in Situationen, die ausweglos erscheinen. Es bedarf dafür schon eines beinahe übermenschlichen Heldengeistes und eines unbeugsamen Freiheitswillens: "Du hast keine Überzeugung, wenn du nicht bereit bist, für sie zu sterben", (476) lautet einer der Schlüsselsätze. - Ein packend geschriebener, informativer und zum Nachdenken anregender politischer Roman. (Nominiert für den Deutschen Buchpreis)