Meine deutsche Literatur seit 1945

Angesichts der Niagarafälle soll Marcel Reich-Ranicki (so Adolf Muschg) gesagt haben: "Müsste weiter links fallen". Auch der Literaturkritiker (1920-2013) war ein Naturwunder, mächtig mit seinen Urteilen, unverbesserlich mit seinem Stil, staunenswert Meine deutsche Literatur seit 1945 in seinem Auftreten. Der Marburger Germanist Thomas Anz hat gesammelt, was Reich-Ranicki in über 50 Jahren zur Gegenwartsliteratur geschrieben hat, und die besten Lobreden und Verrisse, Einreden und Bilanzen in einem schönen Band publiziert. Viele Rezensionen sind weitsichtig: die besprochenen Autoren gehören inzwischen zum Kanon, Kunert und Koeppen etwa, und selbst die negativen Kritiken zeugen stets von der hochherzigen Auffassung, dass es die Literatur ist, die ihrer Zeit den Stempel aufdrückt, nicht umgekehrt, wie im Falle von Günter Grass. In diesem Sinne hat sich Reich-Ranicki mit den Ideen der "engagierten Literatur" nie richtig anfreunden können. Unterhalten sollen Bücher und Freude machen, das war seine feste Überzeugung, auch und gerade in der Fernseh-Talkshow "Das literarische Quartett", aus der einige Szenen im Buch wiedergegeben werden, Entdeckungen des "Berlin-Romans" von Sven Regener oder des "Fräuleinwunders" Judith Hermann. Sehr guter Stoff zum (Weiter-)Lesen!

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Meine deutsche Literatur seit 1945

Meine deutsche Literatur seit 1945

Marcel Reich-Ranicki
Dt. Verl.-Anst. (2015)

569 S.
fest geb.

MedienNr.: 584046
ISBN 978-3-421-04704-5
9783421047045
ca. 26,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Li
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