Der gefährlichste Ort der Welt

Callista fühlt sich für den Tod ihres Mitschülers Tristan verantwortlich. Sie hatte in der achten Klasse einen Liebesbrief von ihm bekommen, in dem er schrieb, dass er sie "richtig" sehe, nicht nur oberflächlich. Von seiner Aufrichtigkeit völlig Der gefährlichste Ort der Welt überfordert reagiert Callista, indem sie ihn mit Freunden zusammen bloßstellt und auf Facebook lächerlich macht. Tristan hält die Häme nicht aus und nimmt sich das Leben. In den Jahren danach führt Callista ein ausschweifendes Leben und versucht zu vergessen. Nach einem schweren Unfall wird ihr klar, dass sie Tristan auf diese Weise nicht loswerden kann. Sie beschließt daher, die Geschichte aufzuschreiben und porträtiert acht Mitschüler/innen, die wie sie mit Tristan und dem Liebesbrief zu tun hatten. - Lindsay Lee Johnson porträtiert diese Jugendlichen in ihrem Debüt sehr einfühlsam und mit einem wachen Blick für ihre Befindlichkeiten, für ihre Stärken und Schwächen. Wie beim Staffellauf erfolgt der Übergang oder der Anschluss der Porträts untereinander durch Szenen, die erst aus der Perspektive des einen und dann aus der des nächsten Jugendlichen erzählt werden. Sie verurteilt ihre Figuren nicht, sondern beschreibt, warum Damon z.B. immer wieder seine Grenzen austesten muss und dabei zu weit geht oder warum Nick mit Drogen dealt und gegen Honorar für andere Zulassungstests zur Uni schreibt. Dazu kommt ein ganz eigener Ton, der die Figuren und ihre Umgebung, das Städtchen Mill Valley in Kalifornien und die Highschool zum Leben erweckt. Anders als der deutsche Klappentext es will, geht es ihr nicht um Moral, schon gar nicht um die Entlarvung des amerikanischen Traums. Fiktion, sagt Johnson in einem Interview, soll keine Moral lehren, sondern zeigen, was ist. Menschen "richtig" zu sehen gelingt ihr auf hervorragende, unterhaltsame Weise. (Übers.: Kathrin Razum)

Christoph Holzapfel

Christoph Holzapfel

rezensiert für den Borromäusverein.

Der gefährlichste Ort der Welt

Der gefährlichste Ort der Welt

Lindsey Lee Johnson
Dt. Taschenbuch-Verl. (2017)

302 S.
fest geb.

MedienNr.: 590832
ISBN 978-3-423-28133-1
9783423281331
ca. 21,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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Auszeichnung: Roman des Monats