Gibt es einen guten Tod?

In den Medien sind wir heute zwar permanent mit dem Thema Tod konfrontiert, so sehr, dass es uns eigentlich schon gar nicht mehr berührt. Im Alltag jedoch wird in unserer heutigen Gesellschaft die Sterblichkeit des Menschen weitgehend verdrängt: Gibt es einen guten Tod? Man stirbt in der Regel nicht mehr zu Hause, sondern im Krankenhaus, die Friedhöfe liegen nicht mehr in der Mitte der Stadt oder des Ortes. Und doch ist es gerade das Wissen um die eigene Sterblichkeit, was den Menschen in fundamentaler Weise vom Tier unterscheidet, wie die Autoren, beide Jesuiten und seit langem Professoren an der Münchner Hochschule für Philosophie, in ihrem Gespräch über den guten Tod feststellen. Sicher, wer ständig nur über den eigenen Tod nachsinnen wollte, käme kaum noch dazu, sein Leben aktiv zu gestalten, und vor dem sicheren Tod können alle Anstrengungen als letztlich doch sinnlos erscheinen. Andererseits: "Wenn das Sein-zum-Tode die Grundstruktur meines Lebens überhaupt ist, dann kann doch nicht in deren Verdrängung die adäquate Haltung liegen", sagt Gerd Haeffner. Es kommt vielmehr darauf an, dem Wissen um den eigenen Tod eine Bedeutung im gegenwärtigen Leben einzuräumen. Und die Erfahrung der Vergänglichkeit hat ja durchaus auch eine positive Seite, sie mache einem die Einzigartigkeit und den "Geschenkcharakter des Lebens" bewusst. Konkret erlebt hat das Godehard Brüntrup als junger Mann in einer Nahtoderfahrung, in der sein bisheriges Leben wie zur Bewertung an ihm vorüberzog - und so kann er heute im Rückblick feststellen: eine solche Erfahrung verändert die Lebenseinstellung. Natürlich hat nicht jeder solch eine Nahtoderfahrung, aber man kann sich doch in diese Situation hineinversetzen: Ignatius von Loyola empfiehlt, man solle sich bei schwierigen Lebensentscheidungen vorstellen, wie man diese Entscheidung wohl in seiner Todesstunde bewerten würde. Gerd Haeffner betont in diesem Zusammenhang, die jenseitige Seligkeit sei in erster Linie nicht als Lohn für gute Taten zu sehen, vielmehr als deren Frucht - das ewige Leben als Vollendung des irdischen Lebens. Wenn man auf das Sterben Jesu Christi blickt, dann ist Christus ganz sicher nicht einen "guten" Tod gestorben, so wie man ihn heute meist versteht: ohne große Schmerzen, ohne Entwürdigung. Ganz im Gegenteil. Was kann dann aber im christlichen Sinne ein "guter" Tod sein? "Es ist wohl ein im Glauben angenommener, in Hoffnung auf das ewige Leben erlittener Tod." In der christlichen Tradition gibt es den Gedanken, dass man einen guten Tod einüben kann. Und auch wenn man das Sterben, jenen Moment des völligen Alleinseins, den auch Jesus am Kreuz erfahren musste, nicht wirklich einüben kann, wird ein gläubig angenommener Tod voll Hoffnung wohl doch eher denjenigen gelingen, die auch schon ihr Leben im Glauben gestaltet haben. Unverzichtbar ist dabei nach Auffassung der beiden Jesuiten die fundamental christliche Tugend der Demut. Nicht im Sinne einer Selbsterniedrigung oder gar als Gefühl der eigenen Wertlosigkeit - vielmehr als ein Akzeptieren, dass Gottes Schöpfung gut ist, dass mein Leben - trotz mancher Schwierigkeiten - "bis jetzt gut war und dass ich auch im Tod nicht ins Nichts falle, sondern dass auf der anderen Seite des Dunkels Gottes Hand wartet, um mich aufzufangen". Um diese rettende Hand ergreifen zu können, muss man allerdings sich selbst loslassen und sich öffnen für die angebotene Begegnung mit Gott, die über den Tod hinausreicht. "Dieses Thema kann man kaum angehen, wenn man sich selbst heraushalten will", sagt Godehard Brüntrup, und darum sprechen die beiden Jesuiten auch ganz offen über die langen und zum Teil schweren Erkrankungen, die sie mehr als einmal ganz nahe an den Rand des Todes gebracht haben, so dass ihre theoretischen Überlegungen durch ganz konkrete und persönliche Erfahren gedeckt sind. Dass sie die Quintessenz aus diesen Erfahrungen in diesem Gespräch mit-teilen, ist wirklich ein Geschenk, das nun auch viele Leserinnen und Leser annehmen sollten.

Thomas Steinherr

Thomas Steinherr

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Gibt es einen guten Tod?

Gibt es einen guten Tod?

Gerd Haeffner ; Godehard Brüntrup
Echter (2016)

Ignatianische Impulse ; 70
88 S.
fest geb.

MedienNr.: 827090
ISBN 978-3-429-03926-4
9783429039264
ca. 8,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats