Das Echo der Bäume
Ich-Erzählerin Ana Juric blickt zurück auf den heißen Sommer im Jahr 1991, als die Serben den Zugang zur jugoslawischen Küste versperrten. Der Kinderblick der damals Zehnjährigen nimmt ein Sich-Zuspitzen der Lage nur deshalb wahr, weil sie beim Zigarettenholen für den Vater gefragt wird, ob sie serbische oder kroatische wolle, was sie nicht weiß. Bislang hatte der Lehrer sie nur auf den panslawischen Slogan "Brüderlichkeit und Einheit" eingeschworen. Als die Familie Anas schwerkranke Schwester Rahela nach Sarajewo bringt, um sie in einem Krankenhaus in den USA behandeln zu lassen, geraten sie auf der Rückfahrt in eine Straßenkontrolle. Anas Eltern werden erschossen, sie selbst befreit sich aus dem Massengrab. - Im zweiten Teil ist Ana 20 Jahre alt, studiert in New York und soll vor der UNO zum Thema "Kinder im Krieg" sprechen. Das wühlt sie so auf, dass sie beschließt, den Sommer in Kroatien zu verbringen und nach alten Freunden zu suchen. - Der Roman der 1987 geborenen Autorin Sara Novic versetzt die Leser in ein Wechselbad der Gefühle, so wie Anas behütete Kindheit in einem quälenden Bürgerkrieg kollabiert. - Ein großartiges Debüt, brutal und wunderschön erzählt. (Übers.: Judith Schwaab)
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
Das Echo der Bäume
Sara Novic
btb (2018)
317 S.
fest geb.