Underground Railroad

Cora, deren Großmutter direkt aus Afrika nach Georgia gebracht worden war, ist auf der Baumwollplantage der Randall-Brüder geboren. Ihrer Mutter Mabel ist als einziger Sklavin die Flucht von dort geglückt - ohne die junge Cora, die wie die anderen Underground Railroad Afrikanischstämmigen in Georgia nur als Arbeits- und Zuchttier betrachtet wird und den teils sadistischen Launen ihrer Besitzer ausgeliefert ist. Als Caesar sie fragt, ob sie mit ihm fliehen wolle, zögert sie. Da ist die Angst vor der grausamen Bestrafung, wenn sie erwischt werden, und doch spürt sie mit jeder Faser "egal wohin, Hauptsache weg" (S. 84). Mit einem unterirdischen Zug gelangen die beiden ins offenere South Carolina, doch sicher sind sie auch da nicht, denn das Gesetz verlangt auch von den liberaleren Staaten die Auslieferung entlaufener Sklaven. - Aus auktorialer Perspektive wird Coras Weg durch verschiedene Staaten erzählt, unterbrochen von Kapiteln, die auf bestimmte Personen fokussieren (z.B. einem Kopfgeldjäger oder Coras Mutter). Trotzdem bleiben die Figuren wenig entwickelt, kleine Vorwegnahmen und Rücksprünge in Abschnitten lassen den Lesefluss stocken. Die Entmenschlichung und grausame Behandlung der Schwarzen lässt keinen kalt. Trotzdem entsteht wenig emotionale Nähe zur Hauptfigur Cora. Der Autor hat sich in diesem historisch-realistisch wirkenden Roman viele Freiheiten genommen: Das titelgebende Hilfsnetz, das unzähligen Sklaven zur Flucht verhalf, wird von einer symbolischen zur echten Eisenbahn, aus späteren Zeiten Verbürgtes verlegt er in die Jahre nach 1850 und extremisiert bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse. Seine Botschaft ist nicht zu übersehen: Ausbeutung und Rassismus durch die Weißen, wozu auch die Landenteignung der Ureinwohner gehört, haben die USA durch alle Zeiten tief geprägt. Dieser "weiße Nationalismus" ist bis heute spürbar und bestimmt ein Grund, weshalb der Roman medial auf großes Interesse gestoßen ist und 2017 den Pulitzerpreis erhalten hat. (Übers.: Nikolaus Stingl)

Barbara Sckell

Barbara Sckell

rezensiert für den Borromäusverein.

Underground Railroad

Underground Railroad

Colson Whitehead
Hanser (2017)

348 S.
fest geb.

MedienNr.: 590037
ISBN 978-3-446-25655-2
9783446256552
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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