Unsere Frau in Pjöngjang
General Bourgeaud, alter Geheimdienstmann, und sein Kollege Objat haben eine Mission: Sie wollen eine Spionin in Nordkoreas Machtzentrale einschleusen, um das Land zu destabilisieren. Dazu suchen sie eine "Frau, die nichts begreift, die tut, was man ihr sagt, und (die) keine Fragen stellt". Sie soll zunächst entführt und - falls sie sich als geeignet erweist - ausgebildet werden. Constance scheint perfekt zu sein mit ihrem unendlichen Glauben an das Gute. Wie ein Kind, das sich vom guten Onkel vertrauensselig Schokolade schenken lässt, folgt sie einem wildfremden Mann und nimmt einfach alles hin, was er und seine Freunde ihr zu tun oder zu unterlassen befehlen. Ihre Bewacher während der fingierten Entführung begleiten sie nach Pjöngjang, wo Constance sich an einen Vertrauten des "Obersten Führers" ranmachen soll. Die Beschreibung des Aufenthalts in Pjöngjang, die Erlebnisse und die abenteuerliche Flucht sind eine bitterböse Persiflage. Das Thema verspricht eigentlich einen Agententhriller, doch alle Protagonisten verhalten sich entgegen aller Erwartungen. Die Agenten reagieren unprofessionell und chaotisch, die Spionin ist naiv und gutgläubig, ihrem Mann ist es ziemlich egal, dass sie entführt wird, und der alte General will noch mal seine Macht ausüben. Der Autor mischt sich häufig selbst in die Erzählung ein, schiebt mit spitzer Feder Bemerkungen über diese und jene Angewohnheit unserer Zeit ein und kommentiert den Verlauf der Geschichte. Auch andere Einschübe tragen zum Lesespaß bei: "Allzu häufig denkt man nicht daran, dass Frauen ihre Beine auch zur Fortbewegung nutzen: Man hält sie in einem solchen Maße für Kunstgegenstände, dass man dazu tendiert, ihre anatomische Funktion zu vergessen." Der Leser erfährt auf höchst unterhaltsame Weise viel über Nordkorea und den französischen Geheimdienst. Sehr empfohlen. (Übers.: Hinrich Schmidt-Henkel)
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.
Unsere Frau in Pjöngjang
Jean Echenoz
Hanser (2017)
284 S.
fest geb.