Fay

Fay reißt mit 17 von zu Hause aus, um dem Hunger, der Armut und der sexuellen Gewalt in der Familie zu entfliehen. Mangels Bildung und Erfahrung hat sie keinen positiven Lebensentwurf, ihre Reise quer durch Mississippi, das Armenhaus der USA, wirkt Fay ziellos. Sie besitzt keinen Begriff vom "guten Leben" und lernt nur langsam ein paar grundlegende Konventionen des sozialen Miteinanders. Die Romanheldin schlüpft beim Polizisten Sam, einer Zufallsbekanntschaft, unter und bleibt bei ihm, als seine Frau bei einem Unfall stirbt. Sie erschießt Sams Geliebte, flüchtet erneut, landet bei einem gewaltbereiten Drogendealer, gerät in die Nähe von Nachtclubs und illegaler Prostitution. Sie hat bemerkt, dass sie schwanger ist, weiß jedoch nicht, wie sie sich verhalten soll, und schafft es nicht, einen Arzt aufzusuchen. - Das Südstaatendrama "Fay" ist der erste Roman des bereits 2004 verstorbenen Autors Larry Brown, der in deutscher Übersetzung vorliegt. Brown liefert drastische Schilderungen von Figuren, die im sozialen Gefüge ganz unten gelandet sind. Die Bedürfnisse, die sie benennen können, sind einfach: Nahrung, Schlaf, Sex. So sehr man ihnen bei der Lektüre eine Art von Erlösung wünscht, ahnt man, dass es stets noch schlimmer kommen wird. Der erzählerische Sound ist dabei erstaunlich gelassen, die Bewegungen der Figuren sind langsam, ebenso die Geschwindigkeiten, in denen sie ihre Erfahrungen verarbeiten. In scharfem Kontrast zum Zeitlupentempo stehen die Erlebnisse, die in den Lebensweg der naiven Heldin einbrechen: versuchte Vergewaltigungen, Trauer, Morde, Gewalt, Unfälle und der Verlust des Kindes. - Lohnenswerte, aber mit drastischen Elementen gespickte Lektüre für Fans realistischer Romane. (Übers.: Thomas Gunkel)

Thomas Völkner

Thomas Völkner

rezensiert für den Borromäusverein.

Fay

Fay

Larry Brown
Heyne (2017)

652 S.
fest geb.

MedienNr.: 589966
ISBN 978-3-453-27096-1
9783453270961
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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