Käsekuchen mit Sauerkraut
Unfähig und ein "Miststück" - so sieht Henrik Wentzel seine Frau Barbara seit seinem Schlaganfall, der ihn mit Mitte fünfzig halbseitig lähmt und ihm den Realitätssinn nimmt. Abgesehen davon noch immer geistig gewandt, erfolgsgewohnt und willensstark macht er es seitdem seiner Frau, seinen jugendlichen bis erwachsenen Kindern und den Pflegekräften alles andere als leicht. Die Suche nach dem bestmöglichen Weg bringt Barbara Wentzel auch in moralische Zwickmühlen, etwa beim legalen "schmutzigen Geschäft" (S. 102) mit Rund-um-die-Uhr-Pflegekräften oder in der mittlerweile entstandenen Dreierbeziehung mit einem anderen Mann. Die bisher vier Jahre mit inneren und äußeren Kämpfen, Frustration und Zusammenhalt, Pflegebürokratie und überwältigender Hilfsbereitschaft - auch mit Lachen und Feiern - beschreibt sie mit Hilfe ihrer Co-Autorin fesselnd, persönlich und zugleich um eine differenzierte, objektive Betrachtungsweise bemüht. Eingestreut sind Aussagen ihres Mannes, die ungefiltert seine Sicht darstellen. Ein Pflegeheim kann sie sich für ihn nicht als akzeptable Lösung vorstellen. So soll das Buch nicht zuletzt helfen, ein Wohnprojekt für Menschen wie ihn ins Leben zu rufen. Auch für Nicht-Betroffene empfehlenswert!
Monika Graf
rezensiert für den Borromäusverein.
Käsekuchen mit Sauerkraut
Barbara Wentzel mit Miriam Collée
Piper (2017)
283 S.
fest geb.