Sturm und Stille
Aus Sicht der Ich-Erzählerin Doris Jensen erzählt der Storm-Biograf Jochen Missfeldt die Lebens- und Liebesgeschichte von Doris Jensen, die sich in Teenagerjahren in den zwölf Jahre älteren und anderweitig verlobten Theodor Storm verliebt. Der Angehimmelte selbst hegt zärtliche Gefühle für das junge Mädchen und beide beginnen noch während seiner Verlobungszeit ein Verhältnis, das auch in die Ehe hinein anhält. Geächtet von der Husumer Gesellschaft und um die Fassade der Familie zu erhalten, wird sie vom Vater als Dienstmädchen in die Provinz geschickt. Bei einem evangelischen Pastor lernt sie die Härte des Lebens und die Heuchelei des Kirchenmannes kennen, bevor sie nach dem Tod von Storms Frau Constanze noch eine glückliche eheliche Verbindung mit ihrer großen Liebe eingehen kann. - Doris ist ganz und gar eine Frau des 19. Jh., die sich in die Rolle des patriarchalischen Systems einfügt, jedoch ohne Reue und selbstbewusst zu ihrem Doppelleben steht und ihre Sehnsucht lieben lernt. Im Rückblick erzählt sie als stolze Frau ihre Liebesgeschichte weitab von Klagen und Entbehrung, immer mit Blick auf das Recht auf die eigenen Gefühle. Ganz im Ton des 19. Jh. lässt Missfeldt Doris Jensen ihre Geschichte erzählen und spielt mit Andeutungen zu Theodor Storms Werken. Auf der Grundlage biografischer Mosaiksteine aus Gedichten, Briefen und Novellen hat der Autor der Geschichte der zunächst verbotenen Liebe ein literarisches Gesicht gegeben. Sehr lesenswert.
Christine Vornehm
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Sturm und Stille
Jochen Missfeldt
Rowohlt (2017)
344 S. : Ill.
fest geb.