Panischer Frühling
Die Ich-Erzählerin dieses poetischen Romans streift durch ein frühlingshaftes London, dessen Himmel wegen der Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull von Flugzeugen leergefegt ist. Die unterschiedlichen Wasserstände der Themse - High Water, Low Water - faszinieren sie; im Wasser spiegelt sich für sie die Geschichte der Stadt: die Römer, die Piraten, aber auch die Opfer der Terroranschläge auf die Londoner U-Bahn. Bei ihren Streifzügen trifft sie auf Jonathan, der eine Obdachlosenzeitung verkauft, und dessen eine Gesichtshälfte durch ein Feuermal entstellt ist. Zwischen beiden entsteht langsam eine Art Freundschaft, indem sie sich Geschichten aus ihrer Kindheit erzählen: Sie erinnert sich an das Glück der Sommerferien auf dem Pfarrhof eines Onkels, er erzählt vom Tod des Vaters und den Grausamkeiten der Kinder wegen seines Feuermals und dem Glück, bei seiner Großmutter in einem Küstenort in Cornwall aufzuwachsen. - Gertrud Leutenegger verbindet äußere Wahrnehmungen und die Innenschau der Erinnerungen zu einer zugleich dynamischen und meditativen Erzählung, die den Leser auch wegen der sinnlich-farbenfrohen Sprache nicht mehr loslässt. Literarisch interessierten Lesern sehr empfohlen!
Gudrun Eckl
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Panischer Frühling
Gertrud Leutenegger
Suhrkamp (2014)
217 S.
fest geb.