Wohin der Wind uns weht

Am 25. April 1974 gelangt bis in die tiefste portugiesische Provinz die Nachricht von der Revolution gegen die Diktatur, und so versammeln sich im Hause des Dorfarztes einige Männer, um mögliche Veränderungen zu besprechen, doch letztlich sind alle viel stärker von der Ermordung eines Mannes berührt, der Jahrzehnte zuvor vom Arzt geheilt wurde und im Dorf Schutz vor der Geheimpolizei gefunden hatte. Das zweite Kapitel berichtet von einem Ausschnitt aus der Kindheit des Protagonisten Duarte, als sein Vater ihm von persönlichen Erfahrungen während des Kolonialkrieges in Angola erzählt. In 23 Kapiteln reihen sich Ereignisse aus dem Leben von Duarte, dem begnadeten Klavierspieler, dem Wunderkind, das sich entschließt, die vielversprechende Karriere zu beenden, da nur seine Hände spielen und er nicht fähig ist, die Musik zu fühlen. Hinzu kommen Begebenheiten aus dem Leben der Familienmitglieder und auch anderer Menschen, die sich auf geheimnisvolle Weise mit Duartes Werdegang, mit seiner Entwicklung als Mensch und Künstler verknüpfen. - Der Roman bewegt sich zwischen Bildungs- und Künstlerroman, spinnt Erzählfäden vom Dorf im Landesinneren bis zur Lissabonner Peripherie und dem Norden Angolas und sogar bis nach Wien und Buenos Aires. Gleichzeitig bietet er auf sehr raffinierter Weise ein historisches Panorama der jüngsten portugiesischen Geschichte. Die Kapitel reihen sich ohne Chronologie aneinander. Es sind Geschehnisse, Episoden aus dem Alltag, Begegnungen, Gespräche, jedes einzelne Kapitel eine selbständige Erzählung, die den Leser in Atem hält und die er zu vernetzten hat, um das große Ganze, lesend und sehnsüchtig einer Lösung entgegenstrebend, entstehen zu lassen. Und nach der letzten Seite würde man am liebsten wieder von vorne anfangen! Ein wunderbarer Roman, eine wahre Entdeckung, von Marianne Gareis leichtfüßig ins Deutsche übersetzt, überall sehr zu empfehlen.