Eine Geschichte der Zitrone
"Kein Mensch ist eine Insel." Dieser vielzitierte Satz des englischen Schriftstellers John Dunne ist das tragende Motiv in diesem absolut wunderbaren Roman über die Freundschaft und das Glück, Bücher zu lesen. Erzählt wird die Geschichte des Mädchens Calypso, die nach dem Tod ihrer Mutter ziemlich auf sich allein gestellt ist. Der vom Verlust schwer traumatisierte Vater, der Tag und Nacht an einem monumentalen Standardwerk über die Geschichte der Zitrone arbeitet, geht anderen Menschen am liebsten aus dem Weg, um nicht noch einmal im Stich gelassen zu werden. Dabei übersieht er, wie dringend ihn seine Tochter brauchen würde, die mehr unter den fehlenden Kontakten zu anderen Menschen leidet, als ihr lange Zeit bewusst ist. Bis sie in Mae eine Freundin findet, die wie sie selbst Bücher über alles liebt und die gerne bereit ist, Calypso immer wieder in ihr liebevolles Zuhause einzuladen. Je mehr sich das einsame Mädchen ihren Mitmenschen öffnet, desto deutlicher erkennt sie, wie seltsam leer ihr eigenes Zuhause ist und wie dringend ihre kleine Familie Hilfe braucht. - Der britischen Autorin gelingt es auf bewundernswerte Weise, von schwierigen Lebensverhältnissen zu erzählen, ohne ihre Leser durch ein düsteres Szenario abzuschrecken. Im Gegenteil, ihre eindringliche und warmherzige Geschichte ist eine Hymne auf die heilende Kraft der Freundschaft. Und auf die Magie von Geschichten, die nicht nur die Einsamkeit vertreiben, sondern auch mit anderen geteilt werden können. Ein Lieblingsbuch! (Übers.: Nadine Püschel)
Angelika Rockenbach
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Eine Geschichte der Zitrone
Jo Cotterill
Königskinder-Verl. (2016)
253 S.
fest geb.