Aristoteles in Oxford

Bereits der Untertitel zeigt die Zielrichtung des Autors: Sein Bestreben ist es, dem wissenschaftsgeschichtlich eher stiefmütterlich behandelten Mittelalter den ihm gebührenden Platz zu verschaffen. Die vorherrschende Ansicht, die moderne Naturwissenschaft Aristoteles in Oxford habe erst mit Galileo Galilei und dessen Kampf für das heliozentrische Weltbild begonnen, versucht der Autor mit zahlreichen Beispielen zu wiederlegen. Er zeigt eindrucksvoll die Kontinuität der abendländischen Wissenschaft vom frühen Mittelalter bis in die Neuzeit und beschreibt die Weitergabe des Wissens durch die Jahrhunderte. Der Untergang des römischen Weltreichs und der immense Wissensverlust durch das Ende der Bibliothek in Alexandria bedeuteten einen Bruch der Wissenschaftstradition des Altertums. Zunächst spielten die Klöster eine zentrale Rolle bei der Weitergabe des spärlich überlieferten Wissens in Westeuropa. Später übernahmen wissenschaftsinteressierte Fürsten und seit dem Hochmittelalter die Universitäten diese Aufgabe. Wie an einer Perlenkette reiht der Autor in chronologischer Reihe die Namen der Mönche, Forscher und Gelehrten aneinander und spannt damit den Bogen von Sokrates zu Newton. Neben Beispielen aus der Optik und der Mechanik und ihrer Bedeutung für die experimentelle Wissenschaft nimmt die Wiederentdeckung der Astronomie im Spätmittelalter breiten Raum ein. Freely belegt damit seine These, dass die neuzeitlichen Wissenschaftler in vielerlei Hinsicht auf ihre mittelalterlichen Vorgänger aufbauen konnten. Eine besondere Stärke des Buches ist die anschauliche Darstellung von komplexen naturwissenschaftlichen Vorgängen. Es ist eine spannend geschriebene Wissenschaftsgeschichte für Nichtwissenschaftler, ab mittleren Beständen sehr empfohlen.

Cornelia Jahn

Cornelia Jahn

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Aristoteles in Oxford

Aristoteles in Oxford

John Freely
Klett-Cotta (2014)

395 S. : Ill., graph. Darst.
fest geb.

MedienNr.: 578888
ISBN 978-3-608-94854-7
9783608948547
ca. 25,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Na
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