Skandinavisches Viertel
Der 12-jährige Matthias Weber lebt in den siebziger Jahren mit seiner Familie in Ostberlin in Nähe der Mauer. Gerne streift er durch das Skandinavische Viertel am Prenzlauer Berg, redet selbstbewusst mit den Grenzposten und denkt sich neue Namen für die Straßen aus, die noch keine skandinavischen Namen haben. In dieses Projekt weiht er nur Onkel Winfried ein, der mit Oma Lisbeth und Opa Paul in der Malmöer Straße lebt. Doch eines Tages ist der Onkel tot, hat sich totgesoffen und Tabletten genommen. Matthias wundert sich, dass sein Vater keine Trauer zeigt und bei der Beisetzung alle etwas nervös erscheinen. Nach und nach kristallisiert sich heraus, dass es Familiengeheimnisse gibt, die sich um Verrat drehen und bis in die Nazizeit hineinreichen. - In abwechselnden Zeitebenen lässt Autor Torsten Schulz, ein in Ostberlin geborener und preisgekrönter Drehbuchautor, den erwachsenen Matthias Weber zu Wort kommen, der nach verschiedenen Auslandsaufenthalten ins Viertel zurückgekehrt ist und versucht, sich dem Gentrifizierungsdruck entgegenzustellen. In der Rolle des Maklers ist er ein großer Geschichtenerzähler, der das Skandinavische Viertel als Metapher für den Widerstand stilisiert. - Gerne allen Büchereien empfohlen.
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
Skandinavisches Viertel
Torsten Schulz
Klett-Cotta (2018)
262 S. : Kt.
fest geb.