Widerfahrnis

Bodo Kirchhoff vereint einen rustikalen Erzählstil mit recht bodenständiger Fabulierlust. Diesmal schickt er seinen Helden, einen nicht mehr ganz jungen Verleger namens Reither, in den Süden. Das geht aber nicht von alleine. Eine ebenfalls nicht Widerfahrnis mehr so junge Hutmacherin schafft es bei einem Blitzbesuch, den Verleger aus seiner Klause zu lotsen. Nach Sizilien! Auf der Autofahrt widerfahren den beiden seltsame Ereignisse. In Catania taucht ein Mädchen auf, verwildert, sprachlos, "verschlagen"; es begleitet sie. Am Ziel nimmt Reither eine nigerianische Flüchtlingsfamilie mit auf die Rückfahrt, seine Begleiterin fährt alleine zurück. Keine Liebesgeschichte also, obwohl es eine Liebesnacht gibt, auch keine italienische Bildungsnovelle, obwohl Goethes Mignon herüberwinkt - vielmehr ein durchaus charmantes Kunststück über Selbsterkenntnis und Selbstbescheidung. Kommt Bodo Kirchhoff in seine melancholische Erzählphase? Die Widerfahrnisse in der Liebe der Menschen: die Novelle haucht dem fast ausgestorbenen Wort Leben ein. Lesenswert.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Widerfahrnis

Widerfahrnis

Bodo Kirchhoff
Frankfurter Verl.-Anst. (2016)

223 S.
fest geb.

MedienNr.: 831446
ISBN 978-3-627-00228-2
9783627002282
ca. 21,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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