Schweine züchten in Nazareth

Harry, erfolgreicher Kardiologe, beginnt Schweine in der jüdisch-arabischen Stadt Nazareth zu züchten. Seine Reaktion auf seine gesetzestreue, da konvertierte Exfrau, seinen homosexuellen Sohn und seine exzentrische Tochter? Oder das auf die Spitze Schweine züchten in Nazareth getriebene Missbehagen am eigenen Judesein? Letzteren Aspekt diskutiert er in einem Briefwechsel mit dem örtlichen Rabbi. Dem Sohn dagegen verweigert er den Kontakt wegen dessen sexueller Ausrichtung und auch, weil der Sohn seinen Vater als Figur auf die Theaterbühne gebracht hat. Mit Liebeskummer wegen eines Verhältnisses zu einem viel älteren Mann kommt Tochter Annabelle wieder nach Paris zurück und erkennt, dass die gluckenhafte Mutter zum Sterben krank ist. In Form einer wilden Korrespondenz um die halbe Welt wird der Binnenkonflikt der Familie aufgedröselt. Möchte man zu Beginn wegen so mancher grotesken Situation auflachen, spürt man später ein nahezu tragisches Ende nahen. Nur ein Spiel mit Grundbefindlichkeiten? Eher die punktuelle Übersteigerung nicht ungewöhnlicher Familienkonstellationen, wie sie im tradierten jüdischen Selbstverständnis gedeihen können. Ohne gewisse Kenntnisse der Verflochtenheit in religiöse Gebote und Tradition samt deren bisweilen kuriose Übersteigerungen auch laizistisch lebender Juden könnte das Buch zu Missverständnissen führen. Harry ist genauso selbstverständlich Jude wie Woody Allen. Wer dessen Filme mag, dürfte auch an diesem Buch Gefallen finden. (Übers.: Karin Ehrhardt)

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Schweine züchten in Nazareth

Schweine züchten in Nazareth

Amanda Sthers
Luchterhand (2011)

191 S.
kt.

MedienNr.: 344496
ISBN 978-3-630-87362-6
9783630873626
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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