Wir können nicht allen helfen
Schon im Titel wird klar, warum Boris Palmer in seiner eigenen Partei als Enfant terrible wahrgenommen wird, gehörte der Tübinger Oberbürgermeister doch von Anfang an zu den Kritikern einer moralisch aufgeladenen Willkommenskultur. Aus der Sicht des in der Verantwortung stehenden Politikers schildert er die Probleme, die in den Kommunen durch den massiven Flüchtlingszustrom tagtäglich zu lösen waren und immer noch sind. Das Totschweigen der spezifischen Schwierigkeiten (Gewalt, Kriminalität, Menschenbild, Bildungsferne) mit manchen Zuwanderern habe das Misstrauen der Bevölkerung gefördert. In diesem Zusammenhang kritisiert der grüne Politiker die Medien und das gesinnungsethisch motivierte linksliberale Bürgertum, das vom hohen moralischen Ross herabsteigen und die Sorgen und Nöte einer großen Minderheit ernst nehmen müsse: "Es ist Zeit für eine Emanzipation des emanzipatorischen Diskurses" (S. 223). Boris Palmer geht es um eine Diskussion ohne Scheuklappen, die zu tragfähigen Lösungen bei Zuwanderung und Integration führen und den Verlustängsten des unteren Drittels der Gesellschaft Rechnung tragen soll. - Diese Schrift eines streitbaren Politikers lädt zu einer sachlichen Auseinandersetzung über ein elementar wichtiges Thema ein und kann allen politischen interessierten Lesern wärmstens empfohlen werden.
Johann Book
rezensiert für den Borromäusverein.
Wir können nicht allen helfen
Boris Palmer
Siedler (2017)
255 S.
fest geb.