Ein sterbender Mann
Theo Schadt ist 72 Jahre alt und lebt. Lebt noch! Denn all sein Lebensinhalt scheint verloren oder wertlos geworden sein: Seine Ehe ist nur noch Fassade, er ist geschäftlich gescheitert, von seinem besten Freund verraten und nun auch noch schwerkrank. Also beschließt Theo seinem Leben ein Ende zu setzen und meldet sich in einem Freitod-Online-Forum an. Hier tauscht man sich aus, wie und wann man es am besten macht, manchmal auch warum. Um die Zeit "totzuschlagen", hilft er in der Tanzschule seine Frau aus - und trifft dort eines Tages eine Frau, die ihn elektrisiert und zurück in ein lebenswertes Leben führt. Das Thema "selbstbestimmtes Leben und selbstbestimmter Tod" sind nicht neu und wurden schon häufig und kontrovers behandelt. Nun nimmt sich ihm auch Martin Walser an, selbst in den späten Achtzigern. In der Autorenlesung dauert es einige Zeit, bis man sich in die Stimme Walsers und den Text seines Romans eingehört hat. Wieder einmal zeigt sich, dass der Autor nicht immer auch optimaler Interpret seines Werks ist. Dort, wo der Roman nicht im Bestand ist oder auch besonders gut ausgeliehen wird, für literarisch interessierte und geduldige Hörerinnen und Hörer möglich.
Felix Stenert
rezensiert für den Borromäusverein.
Ein sterbender Mann
Martin Walser
Argon (2016)
Argon edition
7 CD (ca. 420 Min.)
CD