Die Schiffbrüchige
Detailreich und mit Scharfsinn erzählt die schiffbrüchige Anguille, während sie sich im Indischen Ozean nahe der Komoren-Insel Mayotte an einen Benzinkanister klammert und weiß, dass sie bald sterben wird. Während sie immer müder wird, berichtet sie von ihrem kurzen, aber intensiven Leben, als ob sie es dadurch nicht verlöre. Alles begann in Mutsamudu, ihrer Heimatstadt. Die Mutter war bei der Geburt der Zwillinge verstorben und ließ sie mit ihrem Mann Connaît-Tout sowie ihrer Schwester Tranquille zurück. Zunächst wuchsen die Mädchen bei ihrer Tante auf, mit sechs Jahren kehrten sie aber zum Vater zurück, einem geizigen, arbeitsamen Fischer. Connaît-Tout behandelte seine Töchter mit Strenge, damit sie nicht vom rechten Weg abkämen und damit etwas aus ihnen würde. Doch mit der Pubertät entglitten ihm die beiden - auch die aalartige Anguille - und so geschah es, dass sich Anguille in den wunderschönen, starken Fischer Vorace verliebte. Kaum hatte Vorace ihre Anziehung gespürt, machte er ihr schöne Augen und umgarnte sie mit verlockenden Worten, so wie ihm die Fische ins Netz gingen. Als Voraces Betrug aufflog, geriet nicht nur Anguilles Leben aus den Fugen, sondern auch das der ganzen Familie. - Ein packender, tragischer Roman, der dennoch voll Humor ist und uns in eine Welt voller geheimer Sehnsüchte, Verrat und Lebensweisheiten eintauchen lässt. Sehr zu empfehlen. (Übers.: Thomas Brovot)
Clara Braun
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Schiffbrüchige
Ali Zamir
Eichborn (2017)
253 S.
fest geb.