Im Himmel ist Jahrmarkt

Es beginnt mit Fotoalben, vergessenen Erinnerungen und der Hausaufgabe, einen Familienstammbaum zu zeichnen. Als der Autorin klar wird, wie schnell ihre Vorfahren vergessen werden, versucht sie anhand von alten Fotos und Erinnerungen, den Biografien Im Himmel ist Jahrmarkt ihrer vier Großeltern und eines Onkels nachzuspüren. Dabei spielen gelegentlich geschichtliche Ereignisse (Judenverfolgung und Kriege), aber noch mehr gesellschaftliche Normen eine Rolle. Darin liegt der besondere Reiz des Buches, der vor allem für die nachfolgende Generation zeigt, welchen Zwängen ihre eigenen Vorfahren unterworfen waren - und darüber nachdenken lässt, wie heute andere Zwänge das Leben bestimmen. Oft verwendet die Autorin zeichnerische Symbole, um psychologische Aspekte zu verdeutlichen. Dazu nutzt sie kindlich anmutende Ausdrucksmittel, die Neugier und Erstaunen über (heute) unverständliches Verhalten näherbringen. Neben Liebe und Fürsorge deckt sie auch Verrat und Schuld auf. Besonders nach einer heimlichen Abtreibung lassen Schuldgefühle, symbolisiert durch geisterhafte Kinder, die Frau (Weyhes Großmutter) nicht zur Ruhe kommen, bis ihr Sohn sie von dieser Schuld freispricht. Speziell an dieser Stelle werden Lehren der Katholischen Kirche in Frage gestellt. Wer an diesem Teil keinen Anstoß nimmt, findet einen interessanten und sehr persönlichen Gang durch 100 Jahre deutsche Geschichte und deren Beeinflussung auf das tägliche Leben.

Lotte Schüler

Lotte Schüler

rezensiert für den Borromäusverein.

Im Himmel ist Jahrmarkt

Im Himmel ist Jahrmarkt

Birgit Weyhe
Avant-Verl. (2013)

274 S. : überw. Ill.
fest geb.

MedienNr.: 574914
ISBN 978-3-939080-81-7
9783939080817
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Bi
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