Das große Spiel

Die Protagonistin sagt sich von ihrem städtischen Leben als Architektin los, um auszusteigen. Minutiös ist ihr zukünftiges Leben im Hochgebirge durchgeplant. Unterstützt von Sponsoren hat sie eine Basisstation entwickelt, die auf engstem Raum alles Das große Spiel Notwendige zum Überleben enthält. In diese "Lebensröhre" zieht sie sich für ein Experiment zurück: Wie lebt es sich fernab der Gesellschaft, allein mit der kargen Natur, der man Wasser und Nahrung in mühsamer Arbeit abtrotzen muss? Ist der Rückzug in die vollständige Abgeschiedenheit und Autarkie eine notwendige Voraussetzung für den eigenen Seelenfrieden? Im Mittelpunkt ihres Versuchs steht nicht so sehr der Wunsch, im Einklang mit der Natur zu leben, sondern das Austesten der eigenen Grenzen. Die Beschreibungen von Kletterpartien, Erkundungsgängen, Gartenarbeit und des Angelns werden immer wieder von kurzen Reflexionen unterbrochen. Sie glaubt sich ihrer durchdachten und geplanten Autonomie und Einsamkeit sicher. Sie ist sich selbst genug, ja sie möchte überhaupt keinen Kontakt mehr zu anderen Menschen, nur die Tiere der Bergwelt akzeptiert sie in friedlicher Koexistenz. Und dann ist da auf einmal jemand, ein "Wollhaufen", eine Nonne, die in ihr sorgfältig abgestecktes Territorium eindringt und das Experiment ins Wanken bringt. Es beginnt ein Revierkampf, der an das Verhalten streitender Tiere erinnert. - Literarisch steht der Roman in der Tradition von Thoreau (Walden) und Haushofer (Die Wand) mit philosophischen Anspielungen auf Heidegger und Heraklit. Hier handelt es sich im Kern um Reflexionen über Beziehungen und die Bedingungen menschlicher Existenz. Stilistisch wechseln sich zudem eindrucksvolle Naturbeschreibungen mit den Reflexionen ab. "Die Berge waren in weiche Wolle aus gedämpftem Grün gehüllt, das vom Tau aufleuchtete". Eine vielschichtige, eindrucksvolle Erzählung für literarisch anspruchsvolle Leser. (Übers.: Nathalie Mälzer)

Ileana Beckmann

Ileana Beckmann

rezensiert für den Borromäusverein.

Das große Spiel

Das große Spiel

Céline Minard
Matthes & Seitz (2018)

185 S.
fest geb.

MedienNr.: 592956
ISBN 978-3-95757-526-5
9783957575265
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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