Das Buch „Der Friedenssucher“ von Rainer Oberthür und Barbara Nascimbeni möchte Kindern ab 8 Jahren und Familien das Thema Frieden und Christentum auf spielerisch-erzählende Weise nahebringen mit der Geschichte des kleinen Vogels. Denn er ist auf der Suche nach Frieden.
Ein kleiner Vogel ist scheinbar über ewige Zeiten und endlose Strecken geflogen, woher und wohin weiß er nicht. Er kommt völlig erschöpft an ein großes Haus und fliegt durch die offene Tür hinein, um sich drinnen auszuruhen. Neugierig geworden, entdeckt er überall im Haus in den vielen Räumen Fenster. Und in all den Fensterrahmen sieht er ganz verschiedene Szenen. Was er nicht ahnt: Er ist in einem Museum mit vielen Bildern gelandet. Fasziniert bleibt er vor dem Bild mit einem Kind in der Mitte stehen (William Strutt: Peace: a little child shall lead them, Bildpostkarte, S. 4), das von Kalb, Schaf, Wolf und Lamm und einem Löwen umringt wird, mit dem der Vogel sogleich ein Gespräch beginnt. Und als er sich abstößt, um zu den in „Frieden“ lebenden Tieren zu fliegen, rumst er gegen das Bild, stürzt ab und Löwe und Lamm kommen aus ihrem Bild heraus, um dem kleinen Vogel zu helfen. Der kleine Vogel sehnt sich nach Frieden, er hat nur Streit, Totschlag und Krieg gesehen. Und so zeigen ihm Lamm und Löwe das Wichtigste im Museum, um zu erfahren, was Frieden für Christen heißt. Alle Bilder, die „vom erhofften und missglückten Frieden“ berichten, werden nun in einem Bollerwagen gesammelt.
Da ist zunächst das Bild von der Taube - mit kugelsicherer Weste bekleidet - (S. 8) an einer Hauswand in Betlehem. Es soll aufmerksam machen auf den andauernden Konflikt im Heiligen Land zwischen Juden und Palästinensern.
Danach erklären Löwe und Lamm dem kleinen Vogel, dass die Taube das wichtigste Symboltier für den Frieden ist, bevor sie vor dem Bild mit der Arche Noah-Geschichte (S. 10) angekommen sind, das mit Regenbogen und Friedenstaube versehen als ein Friedensbild am Ende des Dreißigjährigen Kriegs gemalt wurde. Das Lamm erklärt begeistert den Regenbogen als Symbol des Friedens und des Freundschaftsbundes zwischen Gott und den Menschen.
Auf dem nächsten Bild ist Jesus zu sehen, der den Menschen in der Bergpredigt die frohe Nachricht bringt, dass der Weg zum Glück im Himmel schon auf der Erde beginnt, wenn sie friedlich miteinander umgehen und sich gegenseitig helfen. Und andere Menschen so behandeln sollen, wie sie selbst behandelt werden möchten (S. 14, die acht Seligpreisungen).
Auf ihrem weiteren Rundgang durch das Museum entdeckt der kleine Vogel das Bild mit den mehreren Wegen (Das neue Jerusalem, S. 16), wobei der eine Weg in eine schöne Stadt und der andere in eine Hölle mit einem Monster führt. Danach steht der kleine Vogel ratlos vor dem Bild mit einem knienden Mann, das mit der Frage „Verzeiht Gott jedem – alles?“ (S. 20) versehen ist und der Löwe erklärt, wer Adolf Hitler (auf dem Bild) war. Das nächste Bild dagegen, vom Agape-Mahl, dem Liebes- und Friedensmahl der ersten Christen (S. 22) erfreut alle drei. Und sie packen auch noch einen scheinbar ganz normalen Stein in ihren Bollerwagen, der an den hl. Stephanus erinnert (S. 23), der als erster Märtyrer für seinen Glauben an Jesus starb. Danach stellt der kleine Vogel die wichtige Frage, ob die Christen denn alles mit sich machen lassen müssen. Und das Lamm versucht ihm zu erklären, dass Gegengewalt zu noch mehr Gewalt führt und dass der friedliche Weg von Jesus sehr schwer zu gehen ist.
Der kleine Vogel spürt, dass er sich nicht mehr erschöpft und verzweifelt fühlt, sondern hoffnungsvoll. Doch die Realität der Bilder holt ihn wieder ein: Das Bild „Gebet um Sieg“ (S. 27) klagt den Missbrauch von Religion und Glauben an, wenn Christen „im Namen Gottes“ Krieg führen.
Das Bild „Christus zerbricht das Gewehr“ (S. 30 von Otto Pankok), das nach dem 2. Weltkrieg entstand und das Plakat „Schwerter zu Pflugscharen“ (S. 31), das an die Friedliche Revolution in Deutschland erinnert und daran, dass die Mauer zwischen den beiden Teilen Deutschlands fiel, machen Mut zum Frieden und zur Versöhnung. Der Münzschatzfund (S. 34) dagegen erinnert die drei daran, dass Juden nur aufgrund ihrer Religion verdächtigt wurden etwas Böses getan (z.B. Brunnen vergiftet) zu haben. Und der kleine Vogel begreift, dass niemand aufgrund seiner Religion benachteiligt oder ausgestoßen werden darf.
Und leider wurde die christliche Botschaft auch missbraucht und den Menschen sogar aufgezwungen, indem man Krieg gegen Ungläubige führte (S. 36, Heinrichstafel). Wer den Missbrauch der Religion kennt, soll und muss ihn heute verhindern. Papst Franziskus fordert die Politiker auf sich für den Frieden in der Welt einzusetzen und dafür zu arbeiten. Das Gespräch zwischen den Religionen und ihren Führern bringt Dialog und Verständigung (S. 39, 6. Weltgebetstreffen für den Frieden in Assisi).
Das letzte Bild, das die drei im Museum gemeinsam betrachten, ist von dem französischen Streetart Künstler Combo gemalt worden, der eine muslimische Mutter und einen christlichen Vater hat. Und sein Gemälde besteht aus den drei Zeichen für die drei Weltreligionen: dem Halbmond für den Islam, dem Davidsstern für das Judentum und dem Kreuz für das Christentum und dem einen Wort „COEXIST“ (S. 40). Das bedeutet Zusammenleben, was Lamm und Löwe wie aus einem Mund sagen. Und dem kleinen Vogel als „Schlüssel für ein gutes Leben“ ans Herz legen und sich von ihm verabschieden.
Nun ist der kleine Vogel wieder allein, aber er fühlt sich gestärkt von der Botschaft des Friedens. Er spürt das Bedürfnis zu fliegen und startet zu einem Rundflug, wieder passiert ihm das gleiche Malheur wie am Anfang. Aber er fängt sich schnell und landet vor einem Spiegel: Darin erblickt er eine Taube. „Ich selbst bin eine Taube!“, bemerkt er. Die ganze Zeit hat er auf einen „Frieden wie im Himmel so auf Erden“ gehofft. Nun hat er sich selbst gefunden. Und er fühlt sich nicht nur als Friedenssucher, sondern auch als Friedensbringer, der sich mit Begeisterung für den Frieden einsetzen will.
Anregungen zum Vorlesen, Spielen und Malen
Das Buch ist wie ein Bilderrundgang durchs Museum gestaltet: Bei manchen Bilder geht man vielleicht schneller vorbei, bei anderen verweilt man länger. Genauso könnte man es auch beim Lesen, Betrachten und Vorlesen machen.
- Welche Bilder sprechen an? Welche Szenen der Geschichte möchte man vielleicht beim Vorlesen in einem Gespräch vertiefen, z. B. das erste Bild, aus dem der Löwe und das Lamm „entspringen“? Oder vielleicht das letzte Bild des Streetartisten Combo, das die Begegnung und das Zusammenleben zwischen den Religionen und den Menschen, die den verschiedenen Religionen angehören, in die Mitte stellt?
- Stellt euch vor: Ihr seid Löwe und Lamm und der kleine Vogel. Ihr geht gemeinsam durch das Museum. Einigt euch auf ein Bild, zu dem ihr gehen und das ihr betrachten möchtet! Stellt euch die Frage: Was zeigt das Bild? Und was wollte der Künstler mit dem Bild ausdrücken? Was sagt euch das Bild über den Frieden?
- Der kleine Vogel denkt, Frieden sei ein Land, nach dem er schon so lange gesucht habe. Frieden ist kein Land, sagt das Schaf. „Frieden, das ist ein eine großartige Erfahrung, ein wunderbarer Traum… Frieden ist paradiesisch schön, denn alle verstehen sich… Frieden, das heißt: keine Grenzen und Mauern, keine Einsamkeit und Angst.“ (siehe S. 5) Was bedeutet Frieden für dich? Vielleicht magst du es aufschreiben? Und was würde zu deinem Bild des Friedens gehören, wenn du es zeichnest oder malst.
Hinweis: Das Buch ist im Rahmen der Ausstellung des Bistums Münster FRIEDEN. Wie im Himmel so auf Erden? entstanden. Nähere Informationen unter: Wissenswertes Katholikentag 2018 und Ausstellungen