Berichte aus der Ukraine
Der italienische Zeichner Igort (Igor Tuveri) beschäftigte sich schon in früheren Büchern mit der Situation in Russland und der Ukraine. Nach dem russischen Angriff im Februar 2022 sammelte er im Verlauf der ersten hundert Tage Augenzeugenberichte
aus der umkämpften Ukraine, die ihm per Telefon oder durch Aussagen von Freunden und Bekannten zugetragen wurden. Diese hielt Igort in Form eines Tagebuchs zwischen reinen Textpassagen, illustrierten Erzählungen und Kurzcomics fest. Dabei verwendete er selten Sprechblasen, sondern ordnete den Text unter den Panels an. Wie in seinen Graphic Novels experimentiert der Weltenbummler mit einer Grafik zwischen Fotorealismus, Skizzen und schwarz-weißer Abstraktion. Igort fächert erschreckende Schicksale auf wie die Exekution von Zivilisten, die in Trümmern nach ihren Haustieren suchten oder ein ukrainisches Symbol auf ihrem Handy besaßen. Die Studie über Hunger, Leid, Terror, Isolation, Willkür und (teils vergeblicher) Flucht wird durch Einblicke in die ukrainische Historie und den Konflikt mit Russland wie das hinfällig gewordene Budapester Abkommen zum Abbau nuklearer Sprengköpfe ergänzt. Ein erhellender, lesenswerter Band, der die Schicksale hinter den täglichen Schreckensnachrichten deutlich werden lässt.
Gregor Ries
rezensiert für den Borromäusverein.

Berichte aus der Ukraine
Igort ; aus dem Italienischen von Myriam Alfano
Reprodukt (2023)
167 Seiten : überwiegend farbig
kt.
Auszeichnung: Sachbuch des Monats