Feinfühlige Verfilmung der gleichnamigen Erzählungen von Christine Nöstlinger um einen Jungen, der es satthat, immer für ein Mädchen gehalten zu werden.
Eine Filmkritik von Rochus Wolf (filmdienst)
Er ist ein wenig älter geworden, der kleine Franz Fröstl, und nicht mehr zarte sechs Jahre alt wie in den ersten „Geschichten vom Franz“ von Christine Nöstlinger, die seit den 1980er-Jahren erschienen sind. Inzwischen zählt er neun Jahre, ist aber immer noch klein für sein Alter und wird oft für ein Mädchen gehalten, wegen seiner Locken und auch, weil seine Stimme so schnell piepsig wird, wenn er aufgeregt ist.
Das alles nervt ihn gehörig, „Franziska“ will er wirklich nicht genannt werden, sondern einfach ein richtiger Junge sein! Als er dann auf dem Rechner seines großen Bruders den Influencer Hank Haberer (Philipp Dornauer) zu Gesicht bekommt, der seinen Fans verspricht, mit ihm als „Simply Hank“ zu ihrem „inneren Alpha-Tier zu finden“, „vom Zero zum Hero“, da lässt sich Franz (Jossi Jantschitsch) nur allzu gern auf dessen Regelwerk ein.
Was alles so einen richtigen Mann ausmacht: sich seinen Ängsten stellen, Muckis natürlich, sich von niemandem etwas sagen lassen. Sich richtig kleiden, und: „Ein echter Mann ernährt sich ganz viel von Broteinen.“ Das kann Franz ganz allein, er stopft sich ein Graubrot ins Brötchen. Bei allem anderen helfen ihm seine besten Freunde und Freundinnen: die so resolute wie kluge Gabi (Nora Riedinger) und der äußerst treue Eberhard (Leo Wacha). So gehen sie gemeinsam in den dunklen Keller – bis zur unteren Treppenstufe hat sich noch kein Kind getraut – und heimlich ins Fitnessstudio, wo im Abstellraum trainiert wird, bis die Regale zusammenkrachen.
Feinfühlige Adaptionen an die Gegenwart
Die Drehbuchautorin Sarah Wassermair hat aus Nöstlingers Geschichten eine eigene, konsistente Handlung gestrickt und so entschlossen wie feinfühlig in die Gegenwart hinein modernisiert. Die Frage, was einen richtigen Mann ausmache, jazzt sie nicht zum Geschlechterkampf hoch, sondern spielt sie subtil, aber umso wirkungsvoller als Thema der Selbstfindung durch. Denn natürlich muss Franz sich durchsetzen und positionieren. Schließlich muss er seinem Lehrer Zickzack (Rainer Egger) ja sagen können, was mit seinem Hausaufgabenheft passiert ist. Nur: Muss er deshalb auch offenes Hemd, Goldkettchen und Basecap tragen?
In „Geschichten vom Franz“ sind die Geschlechterverhältnisse und Liebesformen der Gegenwart auch sonst nähergekommen. Franz’ Vater (Simon Schwarz) kümmert sich offenbar um den Haushalt und backt Polenta-Kirschkuchen, den dann niemand essen will. Seine Mutter (Ursula Strauss) nimmt Franz manchmal mit in die Schule, wenn sie zur Arbeit fährt, aber Ratschläge hat sie natürlich auch für ihn. Gabis Eltern sind geschieden, aber das wird ohne großes Drama präsentiert. Wie Regisseur Johannes Schmid überhaupt alles unaufgeregt inszeniert, aber keineswegs langweilig. Schmid hatte mit den Kinderfilmen „Blöde Mütze!“ (2007) und „Wintertochter“ (2011) reichlich Preise und Aufmerksamkeit bekommen. Seither hat er viel am Theater inszeniert, das Kino aber dennoch nicht verlernt.
Die Kamera von Matthias Grunsky bleibt nahe an den Figuren. In Zwiegesprächen und in emotionalen Momenten zeigt sich dann, wie gekonnt Schmid junge Talente und erfahrene Schauspieler zusammenbringt. Auch wird die Perspektive größer, sobald es darum geht, die Kinder in ihrer Welt zu verorten.
Kindgerecht, ohne belehrend zu sein
Das alles ist sehr kindgerecht, ohne je belehrend zu sein, und dramatisch, ohne Übertreibungen zu brauchen. Und das Ende ist aufregend, ohne sich künstliche Gefahren herbeizufantasieren. Die Welt der Grundschule genügt „Geschichten vom Franz“ vollauf, mit all ihren Cliquen und kleinen Gehässigkeiten; das ist für ein Kind schon Überforderung oder wenigstens Abenteuer genug.
Weder die Eltern noch Herr Zickzack und auch nicht die schräge Nachbarin Frau Berger (Maria Bill) werden zu Witzfiguren degradiert. Die „Geschichten vom Franz“, das ist eine Wohltat, sind einfach nur Geschichten, wie sie wirklich sein könnten: ein wenig zugespitzt, ein wenig schelmisch überhöht, aus einer insgesamt behüteten Kindheit, auf die eine liebevolle Erzählerin blickt, der Brigitte Kren ihre Stimme leiht. Christine Nöstlinger, die gegen Verfilmungen ihrer Bücher grundsätzlich nichts einzuwenden hatte (vom „Gurkenkönig“ bis zu „Konrad aus der Konservenbüchse“ gab es zu ihren Lebzeiten schon so einige), hätte an diesen Geschichten wohl ihre Freude gehabt.
Fast ist es so, als habe ein Schutzgeist seine Hände über diese Produktion gehalten. Nicht von ungefähr heißt die Schule, die Franz, Gabi und Eberhard besuchen, Rosa-Riedl-Schule – nach einem anderen Buch von Nöstlinger, „Rosa Riedl, Schutzgespenst“.