Schau durchs Fenster!
Noch bevor man das aus dem Rahmen fallende Bilderbuch aufschlägt, bleiben die Augen am Cover hängen. Man sieht einen ausgestanzten Fensterrahmen, hinter dem sich ein Wolf mit gefletschten Zähnen verbirgt. Schon erwartet man eine blutrünstige Szene - weit gefehlt! Blättert man nämlich um, so sieht man das Tier in einem gemütlichen Sessel, wie es angespannt im Schein einer Lampe eine Geschichte (vielleicht die von Rotkäppchen?) liest. Das ist die Methode in dem sensationellen Bilderbuch. Auf der linken Seite steht ein kurzer Text flankiert von einer harmlosen Illustration, auf der rechten sieht man ein großformatiges Bild mit einem ausgeschnittenen Fenster. So wird die Erwartung auf die nächste Seite in eine Richtung gelenkt, die sich aber jedes Mal als unzutreffend zeigt, wenn man umblättert und die Situation im Ganzen sieht. Da wird die nette ältere Dame zur gruseligen Hexe, der Haifischkopf zum Mitternachtssnack und das reizende Häuschen zur Geisterhöhle. Genauso auffällig wie die Überraschungen ist auch die Farbgestaltung. Es herrschen Rottöne vor. Die allein geben dem Buch m.E. etwas Grusliges und rufen eine gewisse Angstlust bei den kleinen Betrachtern und Betrachterinnen hervor. Natürlich finden sich auch witzige Szenen, etwa die mit den übermütigen Geißlein und dem außergewöhnlichen Badewannenspielzeug. Dieser Mix aus schaurig und ulkig zieht alle an. So erfrischend anders!
Martina Mattes
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Schau durchs Fenster!
Katerina Gorelik ; aus dem Englischen von Kirsten Riesselmann
Insel (2022)
[60] Seiten : farbig
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 3