Piep, piep, piep - Guten Appetit!
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Antje Ehmann
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„Bilderbuch zum Mitmachen“ ist da auf der PIXI-Buchausgabe zu lesen. Und in der Tat. Kinder werden in vielerlei Hinsicht animiert, hier aktiv mit dabei zu sein. Jörg Isermeyer reimt voller Witz und Elan, Daniel Napp zeichnet, und beide machen das so großartig, dass Ene, mene, Eierkuchen wirklich ein großer Spaß ist! „Das Besondere war mein Wunsch nach einem filmischen Effekt, der beim Umblättern entstehen sollte. Dafür musste ich mir genau überlegen, wie sich die Zutaten während des Backvorgangs verändern,“ so der versierte Illustrator aus Münster. Und darum blicken wir frontal auf die Küchenarbeitsfläche des eifrigen Eichhörnchens, auf der es nach und nach immer chaotischer - wie vermutlich in vielen Küchen beim Pfannkuchenbacken. „Meine ersten Kochkünste waren das Nudel kochen und das Pfannkuchen machen - übrigens auf einem ähnlichen Kinderherd, wie ihn das Eichhorn benutzt“, erzählt der Autor und Musiker. „Ansonsten erinnere ich mich vor allem an das Plätzchen backen in der Adventszeit, samt Bauchschmerzen vom vielen Teig naschen,“ so Isermeyer weiter.
Umso wichtiger, dass in der Kita-Box etwas Gesundes steckt. Das Kind in dem herausragenden Sachpappbilderbuch Mein Butterbrot von Isabel Pin kann die Pausenstärkung jeden Tag schon selbst zubereiten und verpacken. Aber eines Tages fragt es sich, wo denn die Salatblätter, die Kräuter und die köstlichen Gurken überhaupt herkommen? Denn es handelt sich hier bei Weitem nicht nur um ein Butterbrot, obwohl das ja auch schon lecker schmeckt! Im Brotboxformat präsentiert, hat die Berliner Künstlerin eine schlüssige Idee gehabt. Auf der linken Seite erzählt sie und gibt in Text und Bild Hinweise auf Herkunft und Verarbeitung diverser regionaler Lebensmittel und auf der rechten Seite sieht man das Butterbrot mit je einem Belag mehr pro Seite. „Das ist mein Butterbrot, das Pflanzen, Felder, Kühe, Sonne, Regen, Anna, Papa, Mama, Oma, Ferdinand, Jule und Henri für mich gemacht haben. Und deshalb schmeckt es mir so gut.“ Im Grunde ein Muss für jede Kita, die Wert auf gesunde Ernährung legt!
Ähnlich vom Impuls her aber eher für Grundschulkinder empfehlenswert ist das großformatige Sachbuch Wo kommt unser Essen her? von Julia Dürr. Auffällig ist das Cover, das gleich Appetit macht! Der Blick in den vollgefüllten Kühlschrank mit Produkten, die allesamt mit Verpackungen im fein-charmanten Stil der Berliner Künstlerin, dessen Opa Bäcker war und die sich schon länger für das Thema interessiert, gestaltet sind. Quer durch Deutschland hat sie die umfangreiche Recherche geführt. Zahlreiche Skizzenbücher hat Dürr gefüllt, während sie bei diversen Betrieben vor Ort war. „Ich wollte Bilder zum gemein-samen Gespräch über unsere alltäglichen Lebensmittel schaffen. Im Laufe der Arbeit wurde mir immer klarer, dass die Herkunft bei den meisten unserer Lebensmittel schlichtweg nicht zu erfahren ist“, so Dürr. Und das, obwohl so viele Stempel, Zahlen, Codes und Adressen auf den Verpackungen zu finden sind.
Ähnlich ansprechend von den Illustrationen und mit Handlettering, aber mit Fokus auf die ganze Welt bietet Felicita Sala Kindern mit Grüner Reis und Blaubeerbrot - Lieblingsrezepte für Kinder aus aller Welt ganz zauberhafte Anregungen. Schon der Titel lässt aufhorchen - denn wer kennt schon grünen Reis? Man lernt die freundlichen, inter-nationalen Bewohner der Gartenstraße 10 kennen und bekommt jeweils auf der linken Seite einen Einblick in die Küchen. Rechts sind die Zutaten gezeichnet und das genaue Rezept zu lesen. Cremige Guacamole, frisch frittierte Fischfilets oder Auberginendip sind da im Werden. „Das Baba Ghanousch von Herrn Ibrahim, der so still vergnügt lächeln, dass man sich einfach wünscht, von ihm vom Tee eingeladen zu werden, um von seinen Kindheitserinnerungen zu hören, habe ich sofort mit Erfolg ausprobiert,“ so Übersetzerin Ute Löwenberg zu ihren Erfahrungen. Die schöne Pointe - alles endet mit einem wundervollen Gartenfest, denn dafür haben alle so gut gekocht!
Dass es darauf ankommt, sich bewusst zu ernähren, das erklärt uns Katrin Linke in So ernähren wir uns richtig - Das Einmaleins des Essens. Dabei geht es um verschiedene Aspekte: um Kohlen-hydrate, Fett und Eiweiße, um gesundes und ungesundes Essen und um Gifte im Essen. Was „Eiweißverdünnung“ ist, warum Fett gut für die Nerven ist und wie die unterschiedlichen Geschmacksknospen auf der Zunge verteilt sind, all das erfährt man. Aber es geht auch ganz viel um den Körper und die Verdauung. Gut gelungen ist die Mischung aus erklärendem Text, zahlreichen Infokästen, Fotos, einem Glossar und witzigen Illustrationen. „Den Lebensmitteln Gesichter und somit einen eigenen Charakter zu geben, war mit die erste Idee, die mir in den Kopf kam, als ich mich den ersten Skizzen widmete,“ so Sonja Kurzbach, die sich regelmäßig mit gesunder Ernährung beschäftigt. „Ich konnte jedoch in jedem Kapitel auch noch einige neue Fakten lernen. Besonders bei wissenschaftlichen Erklärungen sowie bei Fachbegriffen hat sich mein Wissensschatz erweitert,“ so die Illustratorin.
Gregg Segal weitet den Horizont für alle. Über den Tellerrand - was Kinder hier und anderswo essen ist ein faszinierendes Gemein-schaftswerk von Kindern und Erwachsenen aus neun Ländern. Eigentlich geboren aus einem Projekt, in dem Familien ihren wöchentlichen Müll sammeln sollten, entstand die Idee, Kinder mit all den Nahrungsmitteln zu fotografieren, die sich zu sich nehmen. Anchal Sahani, neun, Davi Ribeiro di Jesus, zwölf oder Greta Möller, sieben, lassen uns an ihrer Ernährung visuell teilhaben. “Ich habe mich auf neun, zehnjährige Kinder konzentriert, weil Nahrungsgewohnheiten üblicherweise in diesem Alter beginnen,“ so Segal. Fast immer musste er ohne Foodstylisten auskommen und vor Ort war jeweils ein ganzes Team und eine Küche nötig. Das Ergebnis kann sich sehen lassen! Links erfährt man im Text einiges über das Leben der Kinder und auf der rechten Seite sind sie liegend inmitten all dem zu sehen, was sie jeden Tag essen. Und das unterschiedet sich enorm voneinander!
Ähnlich international und horizonterweiternd nehmen uns Aleksandra Mizielinska, Daniel Mizielinski und Natalia Baranowska in Alle Welt zu Tisch - Das große Buch vom Essen, Kochen & Schmecken mit auf die Reise. So allumfassend und preisverdächtig, dass es fast unmöglich ist, alle Aspekte zu nennen. So viel zumindest: pro Land gibt es zwei hochinteressante, großformatige Doppelseiten, um in Text und Bild eng miteinander verwoben alles Wichtige hinsichtlich Essen, landestypischen Gerichten, Geheimnissen - z. B. wie der Plunderteig seine Luftigkeit erhält und das Croissant so köstlich macht - darlegt. „Besonders begeistert hat mich, dass man hier nebenher eine kleine Kulturgeschichte geliefert bekommt. Hintergründe sowie Informationen über Böden, Gewässer und klimatische Bedingungen sind ebenso wie religiöse Vorschriften oder Migrationsgeschichten prägend für nationale Küchen,“ bemerkt Übersetzer Thomas Weiler zu diesem außergewöhnlich kulinarischen Sachbuch für die ganze Familie.
„Wenn ich das mit meinen jetzigen Erfahrungen als Vater vergleiche, würde ich sagen: Kochen und backen mit Kindern klappt am besten, wenn es etwas Besonderes ist, wenn es um den gemeinsamen Spaß geht und um das Ausprobieren neuer Fähigkeiten - auch ohne Eltern. Sobald es aber um eine Pflicht geht, im Haushalt zu helfen … bloß weg hier!“, so Jörg Isermeyer noch.