Axel Hacke

„Ich kann nichts anderes als Schreiben."

Axel Hacke ist so etwas, wie der Ephraim Kishon des 21. Jahrhunderts. Jedenfalls werden beide gerne in einem Atemzug genannt. Gefeierter Kolumnist, Familienvater mit allen Höhen und Tiefen und satirische ©Thomas Dashuber Edelfeder mit einer ungezähmten Liebe zur Sprache. Geboren in Braunschweig, eine Stadt die ihn nicht weiter interessiert, was die Bewohner einigermaßen brüskiert, lebt und wirkt er schon lange in seiner Wahlheimat München und dem Chiemgau.
Es sei denn, er ist schon wieder auf Lesereise. Rund 90 Auftritte hat er im Jahr und es sind gut besuchte Veranstaltungen, bei denen er spontan und der Stimmung im Saal folgend aus seinen zahlreichen Texten liest. Die Sätze leicht verwaschen, so dass seine Art zu sprechen ein wenig an Dieter Hallervorden erinnert.

„Der Kuckuck weiß, was den unglaublichen Erfolg dieses Mannes ausmacht. Jedes Mal, wenn er nach Regensburg kommt, braucht er einen größeren Saal.“

So beschreibt die Mittelbayerische Zeitung das Phänomen Hacke, der mittlerweile zu einer eigenen Marke geworden ist.

 

Der Mann spießt auf, was ihm Tag für Tag begegnet und spinnt es federleicht ins Absurde weiter. Hacke produziert keine Schenkelklopfer, sondern bestätigendes Schmunzeln, das sich hin und wieder in fröhlich-nickendes Lachen steigert. Etwa, wenn er in seinen Bänden „Der weiße Neger Wumbaba“ von grandiosen Verhörern liest. Oder in „Oberst Huhn bittet zu Tisch“ von lustigen Übersetzungsfehlern auf internationalen Speisekarten, wo aus „Onion rings“ naheliegenderweise „Zwiebel ruft an“ wird.
Hacke teilt gerne - Geschichten, Erlebnisse und seine Meinung. Und so hat er bis dato weit über 1.000 Kolumnen geschrieben, die im SZ-Magazin erschienen sind. Unter der Überschrift „Das Beste aus meinem Leben“ drehten sie sich früher um Frau und Kinder und das Alltägliche und machten ihn zum Vorreiter des modernen Elternbloggers. Berühmt sein bester Freund „Bosch“. Ein Kühlschrank, der wie er selbst aus den Fünfzigerjahren stammt. Er fungiert als nächtliche Anlaufstelle, geduldiger Zuhörer und hat immer was zu trinken da.
Seit die Kinder größer sind, fokussiert Hacke seine Texte mehr auf die aktuellen Fragen des Weltgeschehens. Und so heißt die Kolumne heute „Das Beste aus aller Welt“ und handelt vom Fußball und von Trump, vom Niedrigwasser und vom Aussterben des Bankräubergewerbes. Die besten Ideen kommen dem passionierten Läufer beim Joggen. Inspirationen sammelt der 62-Jährige Tag für Tag, beobachtet, liest und greift auch viele Geschichten seiner Leser auf. Denn Zuschriften bekommt Hacke jede Menge. Allerdings ist der Ton, gerade wenn es um Politisches geht, sehr viel rauer geworden.

„Humor ist etwas sehr Tröstliches. Aber nur, wenn er sich mit dem Ernst beschäftigt und daraus seinen Witz gewinnt“


 

Und was macht Hacke, wenn ihm etwas auffällt? Er schreibt darüber! Also entstand, veranlasst von den Präsidentschaftswahlen in den USA und einem verbal um sich schlagenden Donald Trump das Buch „Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen“. Keine Anklageschrift, sondern der Versuch zur ergründen, was Anständigkeit ist und wie jeder Einzelne mit sich und anderen leben will. Es gehe nicht darum, den Knigge auswendig zu kennen, sondern um einen grundlegenden Respekt gegenüber Menschen. Ein Buch, das vielen aus der Seele spricht und weit oben auf der Spiegelbeststellerliste landete.
Axel Hacke ist ein humorvoller Chronist unserer Zeit. „Humor ist etwas sehr Tröstliches. Aber nur, wenn er sich mit dem Ernst beschäftigt und daraus seinen Witz gewinnt“, hat er mal gesagt. Und es wird keine gesellschaftliche Wunde geben, in die er nicht seine Finger legt. Ein mutiger Mann. Mutig genug auch, um ehrlich über seine Ängste zu sprechen und das, was in seinem Leben schwierig gewesen ist. Das Scheitern seiner ersten Ehe etwa, aus der er zwei Kinder hat. Oder die tägliche Existenzangst, als freiberuflicher Kolumnist, der sich viele Sorgen um das Jetzt und das Morgen macht. Kein künstlerischer Bohemien, sondern ein disziplinierter Bürger, wie er selbst sagt.

 

Auch das Verhältnis zu seinem Vater ist immer wieder Thema. Hacke erzählt von einem rational denkenden Elternhaus. Der Vater ein nüchterner Verwaltungsmensch, mit dem er nicht reden konnte, mit dem ihn wenig verband. „Ich hatte als Kind sehr oft das Gefühl, von meinen Eltern überhaupt nicht verstanden zu werden“, sagte er in einem Interview mit der Literaturzeitschrift Am Erker. Und so tat er das, was Jugendliche in dem Fall tun - er rebellierte. Mit langen Haaren und Gammler-Look und seinem Engagement bei den Jungdemokraten, einem linksgerichteten Jugendverband.
Und doch ist sein Vater vielleicht indirekt der Grund, warum Hacke seinen Traumberuf gefunden hat. Mit ihm schaute er sonntags den „Frühschoppen“ und machte sich ein erstes Bild vom Journalistenberuf. Er sah Männer von Welt mit schicken Anzügen und starken Meinungen und sagte sich: Wenn ich Journalist werde, dann komme ich in diese Sendung und dann wird Vater mir zuhören. Und so ging er nach dem Abitur zunächst an die Universität in Göttingen und dann an die Deutsche Journalistenschule in München, wo er auch Politische Wissenschaften studierte.
Zum Frühshoppen kam er nicht. Dafür mit Mitte 30 zur „Süddeutschen Zeitung“ – zunächst als Sportreporter, dann als Politik-Kommentator und Reporter für die „Seite Drei“. Seine erste Kolumne für das SZ-Magazin schrieb er 1991. Im gleichen Jahr erschien sein erstes Buch „Nächte mit Bosch“. Neun Jahre und sieben Bücher später, wagte er sich nach langem Ringen in die Selbständigkeit. Eigentlich mit der Idee, einen Roman zu schreiben. Der steht bis heute noch aus. Dafür sind 27 Bücher erschienen und in 18 Sprachen übersetzt worden.

Wie gut, dass Axel Hacke nicht Förster geworden ist, so wie er es als Kind plante. Aber mit Tieren hat er es nur in der Theorie. Dafür interessiert er sich für Menschen und ihre Themen umso mehr. Sogar philosophisch darf es zuweilen werden. Wie in seinem Buch „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“. Eine verschmitzt-fantasievolle Geschichte, in der ein Familienvater sich mit Gott in Gestalt eines älteren Herrn über existentielle Fragen austauscht. Ein Stoff, der es auf so manche Theaterbühne gebracht hat. Wie gut, dass Axel Hacke nur ein Talent hat: „Ich kann nichts anderes als Schreiben.“

Headerbild ©Thomas Dashuber



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