Schöne Seelen

Millvina van Runkles Begräbnis ist der Anlass der Saison in Zürichs besserer Gesellschaft und ebenso durchkomponiert wie ihr Leben davor. Kurz vor ihrem Tod hat sie dem Schriftsteller Oskar Canow unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut, Schöne Seelen dass Mildred nicht ihre leibliche Tochter sei. Ebendiese Mildred ist mit Viktor Hasenclever, ehemaliger Studienkollege von Oskar, verheiratet und unzufrieden mit ihrer Ehe. Sie fordert von ihrem Mann daher ultimativ, eine Psychotherapie zu beginnen. Viktor gesteht Oskar die Eheprobleme und bittet seinen Freund, stellvertretend für ihn Dr. Leonid Hockstädder aufzusuchen, derweil er seiner heimlichen Leidenschaft dem Laientheater nachgehe. Oskar reizt der Gedanke. Er erhofft sich Inspiration für seine momentane kreative Leere. Ein persönliches "Risiko" sei damit ja nicht verbunden, schließlich geht es nicht um ihn selbst. Doch nach einigen Monaten passiert es: Oskar bringt Viktors mutmaßliche und seine eigenen Gedanken und Empfindungen durcheinander, spricht in der Therapie plötzlich von sich selbst. Die Dinge werden kompliziert ... - Die Satire über Zürichs High Society mit Protagonisten, die so gespreizt heißen wie sie sprechen, und sich die angesagten Maniküristen, Raumausstatter und sogar den Therapeuten teilen, liest sich mit wenigen Ausnahmen weder besonders amüsant noch bissig. Zwischen adjektivreichen Beschreibungen, einem prätentiösen Duktus, der sich bis in die Dialoge zieht und psychologisch-theoretischen Exkursen stehen plumpe Wiederholungen, schiefe Bilder und gelegentlich ironische Einwürfe des Erzählers. Dadurch wirkt der Roman stilistisch uneinheitlich und bei der Rezensentin stellte sich allmählich eine fragende Ungeduld ein, ob die Lektüre der rund 300 Seiten mehr hergäbe als das Durchblättern einer Hochglanz-Illustrierten. "Es ist dies ein Milieu (...), wo Augenschein und Erkenntnis oft genug identisch sind." (S. 176). Dieses Fazit lässt sich auch auf den Roman übertragen. - Für KÖB verzichtbar.

Barbara Sckell

Barbara Sckell

rezensiert für den Borromäusverein.

Schöne Seelen

Schöne Seelen

Philipp Tingler
Kein & Aber (2015)

332 S.
fest geb.

MedienNr.: 582756
ISBN 978-3-0369-5723-4
9783036957234
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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