Ein Leben in China - Die Zeit des Geldes
Nach der Kulturrevolution und den politischen Wirren nach Maos Tod erlebt China erneut große kulturelle und wirtschaftliche Veränderungen, die auch für den Alltag der Landbevölkerung schwerwiegende Folgen haben. Die Dörfer nämlich sterben langsam aus, die Jungen versuchen, in den schnell wachsenden Großstädten zu Wohlstand zu kommen. Die "Politik der Reformen und der Öffnung", die seit 1982 propagiert wird, bedeutet die Ausrichtung der staatlichen Wirtschaftspolitik hin zur selbstständig verantworteten Privatwirtschaft. Anhand einer jungen Dorfbewohnerin und eines Bekannten des Erzählers werden die Folgen dieses kapitalistischen Weges erschreckend deutlich: plötzlich für sein finanzielles Wohl alleinverantwortlich zu sein, überfordert viele Menschen. In diesem dritten Band (zuletzt: BP/mp 14/256) über die jüngste Geschichte Chinas wird erneut auf die schon bewährten Stilmittel zurückgegriffen: grobe Überzeichnungen, schräge Perspektiven und Perspektivenwechsel, ein unruhiges Layout verknüpft mit den chinesischen Schriftzeichen der Propaganda - all dies sorgt für Disharmonien und Diskontinuitäten, also Mittel, die bestens geeignet sind, dem Leser ein Gefühl für die teils chaotischen, teils wohlbekannten Lebensformen im Kapitalismus zu vermitteln. Dass der Autor auch seinen eigenen Lebensweg als Comic-Zeichner reflektiert, gibt diesem großen Historienbild Chinas eine persönliche Note.
Dominique Moldehn
rezensiert für den Borromäusverein.
Ein Leben in China - Die Zeit des Geldes
P. Ôtié / Li Kunwu
Ed. Moderne (2013)
Ein Leben in China ; 3
269 S. : überw. Ill. (farb.)
kt.