Sarajevo
Der Amerikaner Joe Sacco, freier Reporter in Krisen- und Kriegsgebieten, gilt als ein Vorreiter des gezeichneten Reportagejournalismus. Dieser Band enthält drei Berichte aus der Spätzeit des Balkankrieges im Jahre 1995 in Sarajevo, jener einst multiethnischen bosnischen Stadt, die fast vier Jahre lang von serbischen Freischärlern eingekesselt war. Scheinbar unbeteiligt und seine Wissensgrenzen nicht in Abrede stellend geht er seinen Recherchen nach. Im Mittelpunkt der ersten, zugleich längsten Erzählung steht Neven, obwohl Serbe, ehemaliger Kämpfer in einem bosnischen Freichor und nun als sogenannter Fixer Unterstützer von Journalisten bei der Kriegsberichterstattung. In einem weiteren Bericht stellt Sacco den von den Gräueln des Krieges gezeichneten Veteranen Soba, einst Künstler und Musiker, in den Mittelpunkt. Die dritte Erzählung, eine Begegnung mit dem Kriegsverbrecher Karadzic, fällt dagegen etwas ab. Insgesamt bietet Sacco erzählerisch und zeichnerisch drastische Einblicke in die Abgründe eines Krieges zwischen rauschhaften Partys, Verstümmelung an der Front, Selbstjustiz, Bereicherung zwielichtiger Kriegsgewinnler und traumatisierten Kämpfern, die nicht in den Frieden zurückfinden können. Harte graphische Kost, die im Ge-Bestand angeboten werden kann.
Siegfried Schmidt
rezensiert für den Borromäusverein.
Sarajevo
Joe Sacco
Edition Moderne (2015)
169 S. : überw. Ill.
kt.