Hat man erst angefangen zu reden, kann alles Mögliche dabei herauskommen
Anne erhält Besuch von ihrem erwachsenen Sohn aus der Schweiz, ihrer alten Heimat. Gemeinsam mit ihrem Mann Ali baut sie sich in einem ostanatolischen Dorf ein neues Leben auf. Episodenhaft legen die Gespräche Erinnerungen frei. Diese Bruchstücke geben eine Ahnung der Vergangenheit, ohne jedoch alle Lücken zu schließen. Einige Eckpunkte erschließen sich dem Leser: so war Anna kurz nach der Geburt ihres Sohnes aufgrund einer psychischen Erkrankung in einer Klinik, die Eltern haben sich später getrennt, der Sohn ist beim Vater aufgewachsen und die Mutter hat Ali, der als Erntehelfer in die Schweiz kam, bei ihrer Arbeit als Kassiererin kennengelernt. Doch es bleibt dem Leser sowie dem jungen Mann auch Vergangenes unklar. Trotz der geographischen Entfernung zwischen Sohn und Mutter und der teilweisen Sprachlosigkeit ist eine enge Verbindung zwischen Mutter und Sohn spürbar. Die blaugraugrün zarten Aquarelltöne und viele weite, karge Landschaftsbilder entsprechen der sehr ruhig erzählten Geschichte. Die Protagonisten reden miteinander, die psychische Erkrankung der Mutter bleibt dabei unausgesprochen, hängt jedoch spürbar im Raum. Die Geschichte lässt den Leser berührt und ein wenig ratlos zurück und überzeugt gerade dadurch.
Isabel Helmerichs
rezensiert für den Borromäusverein.
Hat man erst angefangen zu reden, kann alles Mögliche dabei herauskommen
Pirmin Beeler
Ed. Moderne (2018)
110 S. : überw. Ill. (farb.)
kt.