Textleben

Michael Lentz (*1964, z.B. "Pazifik Exil", BP 07/811) ist ein Autor, der mit seinem Schreiben überwiegend auf die Kunst anderer reagiert und sich dabei als experimentierfreudiger provozierender Pionier in Grenzbereiche der Literatur vorwagt. Schon Textleben seit 1980 befasst er sich mit Lautpoesie und -musik und schrieb später darüber seine Dissertation. "Textleben" vereinigt zahlreiche Essays, die alle nach 2000 verfasst wurden und sich mit experimentellen Formen der Literatur auseinandersetzen. Zu Beginn analysiert Lentz sein eigenes Schaffen, dann durchmustert er die Werke von Schriftstellern der Vergangenheit und Gegenwart, die ihn beeindruckt und beeinflusst haben: die visuellen und akustischen Werke von Carlfriedrich Claus, Gerhard Rühm und Josef Anton Riedl haben ihn aufmerken lassen. Er geht mit Oskar Pastior dem Sprachbasteln eines "Existentialisten der Poesie" auf den Grund. Er spricht über Herta Müller und Friederike Mayröcker, wurde auch angeregt von Robert Walser, Thomas Mann und Joachim Ringelnatz, aber auch von Gottfried Benn und Rainer Maria Rilke. Schließlich geht er dem Rhythmus als ästhetischer Dominante in Samuel Becketts Filmen und Bühnenstücken auf den Grund. Eingerahmt sind die Essays von einem Vor- und Nachwort des Herausgebers Hubert Winkels, der betont, dass die Essays dieses Bandes einer strikten Dramaturgie folgen, auch wenn die analysierten Textsorten uneinheitlich sind. Im Zentrum steht bei Lentz immer der Text, der in seinen verschiedenartigen Ausformungen und Ausprägungen für das Leben selbst steht. Wer den Spuren dieses "Traditionalisten der Avantgarde" folgen will, muss nicht unbedingt etwas auf dem "Poetenkasten" haben, sollte jedoch Sprachenthusiasmus und ein Faible für avantgardistische, experimentelle Literatur mitbringen. Empfehlenswert.

Birgit Fromme

Birgit Fromme

rezensiert für den Borromäusverein.

Textleben

Textleben

Michael Lentz
S. Fischer (2011)

575 S.
fest geb.

MedienNr.: 569730
ISBN 978-3-10-043934-5
9783100439345
ca. 24,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Li
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