"Ich hätte dir noch so viel zu erzählen"

Als "Tochter zweier Vaterländer" (ihr Vater war Gartenarchitekt am bayerischen Königshof, ihre französische Mutter Komponistin und Pianistin) war Annette Kolb (1870-1967) nicht nur eine glühende Europäerin und Kämpferin für Humanität und Pazifismus, "Ich hätte dir noch so viel zu erzählen" sondern auch eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen in der 1. Hälfte des 20. Jh. Ihre Romane, etwa "Daphne Herbst" (1928) oder "Die Schaukel" (1934), sind Autobiografie und Zeitbilder in einem. Zweimal musste sie ihre Heimat verlassen: 1915 flüchtete sie nach einem flammenden Anti-Kriegsaufruf in die Schweiz, und 1933, nachdem ihre Bücher von den Nationalsozialisten verboten wurden, floh sie über Paris nach New York, um 1946 in ihre Heimatstadt München zurückzukehren. Zeitlebens war sie eine eifrige Briefeschreiberin, die stets in regem Austausch mit ihren Schriftstellerkollegen und -kolleginnen stand, von Gerhart Hauptmann bis Rainer Maria Rilke, von Thomas, Erika und Klaus Mann über Hermann Hesse und Kurt Tucholsky bis zu Carl Zuckmayer, Erich Kästner und vielen anderen mehr: Politisches, Literarisches, Persönliches, sowohl feinsinnig als auch kritisch, mit scharfer Beobachtungsgabe und auch mit Selbstironie gewürzt. Eine Korrespondenz voll Weisheit und Weitsicht, voll Engagement und Empathie, von den Herausgebern ergänzt durch die konkreten Schreibanlässe sowie durch Kurzbiografien der Briefpartner. Ein Lesegenuss, allen kulturgeschichtlich interessierten Leser/-innen sehr zu empfehlen.

Hannes S. Macher

Hannes S. Macher

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

"Ich hätte dir noch so viel zu erzählen"

"Ich hätte dir noch so viel zu erzählen"

Annette Kolb ; herausgegeben von Cornelia Michél und Albert M. Debrunner
S. Fischer (2020)

318 Seiten : Illustrationen
fest geb.

MedienNr.: 946778
ISBN 978-3-10-397422-5
9783103974225
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Li
Diesen Titel bei der ekz kaufen.