Wer hat meinen Vater umgebracht

Nur 77 großzügig beschriebene Seiten umfasst das neue Buch des französischen Starautors Édouard Louis, und doch ist alles gesagt. Ohne einem chronologischen Pfad zu folgen, erzählt Louis vom Leben seines Vaters und Erlebnissen von Vater und Sohn. Wer hat meinen Vater umgebracht Bereits in seinem ersten Buch "Das Ende von Eddy" (BP/mp 15/665) thematisiert Louis seine Kindheit und vor allem das schwierige Verhältnis zum Vater. Wer vor der Lektüre von "Wer hat meinen Vater umgebracht" nun mit der Fortführung dieser Erzählung rechnet, liegt gänzlich falsch. Denn Louis schlägt einen versöhnlicheren, gar liebevollen Ton an. Nach zerplatzten Träumen und einer gestohlenen Jugend findet sich Édouards Vater in genau demselben trostlosen Fabrikarbeiterleben wieder, dessen Schicksal das aller Männer seiner Familie seit jeher war. Sein Niedergang ist gezeichnet und so wird er zum Spielball der Politik. Zum Leitragenden von menschenverachtenden Reformen. Louis nennt die verantwortlichen Präsidenten und deren Amtszeit ohne Scheu vor Klarheit, und ohne persönliche Empfindlichkeiten in seine Worte zu legen. Er ist klar und einzig voller Mitgefühl für seinen gezeichneten Vater. Wer im Angesicht des Umfangs der Lektüre zweifelt, wird nicht enttäuscht werden: Édouard Louis vermag es einfach, auch im Kurzen zu erschüttern. Größeren Beständen sehr empfohlen.

Christine Tapé

Christine Tapé

rezensiert für den Borromäusverein.

Wer hat meinen Vater umgebracht

Wer hat meinen Vater umgebracht

Édouard Louis
Fischer (2019)

77 S.
fest geb.

MedienNr.: 596064
ISBN 978-3-10-397428-7
9783103974287
ca. 16,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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