Hippocampus
Die verstorbene österreichische Schriftstellerin Helene Schulze ist für den Deutschen Buchpreis nominiert. Eine alte Freundin aus WG-Zeiten, Elvira Katzenschlager, soll sich um den Nachlass kümmern. Sie ist sehr frustriert darüber, dass sich jahrelang niemand für das feministische Werk von Helene interessiert hat. Um dieser Empörung Ausdruck zu verleihen, plant sie eine Aktionstour durch Österreich. An Orten, die eine Bedeutung für Helene hatten, baut sie heimlich provokante Kunstinstallationen auf. In einem Park, in dem fast nur männliche Skulpturen stehen, setzt sie den Figuren weibliche Perücken auf, einer Jesusfigur zieht sie ein wollenes Jäckchen an. Auf ihrer Tour de Force wird sie von Adrian, einem jungen Kameramann, begleitet. In abwechselnden Kapiteln schildern die beiden ihre Eindrücke. Elvira prangert das Patriarchat und die Benachteiligung von Frauen an und verändert dadurch den Blickwinkel ihres Begleiters. - Die österreichische Schriftstellerin Gertraud Klemm, deren Roman "Aberland" (s. BP/mp 15/921) schon auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stand, hat einen bitterbösen, schwarzhumorigen Roman geschrieben. Wer sich an der teils derben Sprache nicht stört, dem eröffnet sich eine Geschichte, die intelligente Seitenhiebe gegen den Kultur- und Literaturbetrieb austeilt. Für ein aufgeschlossenes Lesepublikum.
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.
Hippocampus
Gertraud Klemm
Kremayr & Scheriau (2019)
379 Seiten : Illustration
fest geb.