Triceratops

"Hatte Jesus einen Drachen?", fragt der junge Protagonist im Roman "Triceratops" von Stephan Roiss. Der biblische Leviathan, mythologische Ungetüme, Comic-Monster und der vorzeitliche Triceratops, mit dem die Dinosaurier ausstarben, sind der Untergrund, Triceratops aus dem heraus eine Borderline-Geschichte erzählt wird. Es wird überhaupt viel gelesen in diesem Roman. Der Junge liest, wie seine Schwester, Drachenbücher und Superheldencomics, der Vater die Evangelien und Teletext, die Mutter Beipackzettel und Diättabellen, die Großmutter erzählt traumatische Familiengeschichten, und in den Bücherregalen der Geschlossenen Anstalt, in der auch die Mutter zeitweise untergebracht ist, stehen Bildbände und Reiseführer. Auffällig ist, dass der Junge von sich immer stets im "Wir" redet, was man als ungesundes Selbstbewusstsein oder Bindungsproblem deuten kann. Die hintergründigste Figur des Romans ist Konrad. Er ist überlebendes Opfer der Nazi-Euthanasie und hat offenbar einen Mordversuch an seiner Mutter unternommen, weshalb er als Dauerpatient in die Anstalt kommt. Konrad ist es, der die interessantesten Fragen stellt: ob Vergebung jemals zur Heilung geführt habe und ob Gott den Menschen bei Kerzenschein geschaffen habe. Empfehlenswert.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Triceratops

Triceratops

Stephan Roiss
Verlag Kremayr & Scheriau (2020)

202 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 966462
ISBN 978-3-218-01229-4
9783218012294
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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