Blinde Liebe

Pfarrersohn Brodie Moncur (24) verfügt über das absolute Gehör. Für eine Karriere als Pianist fehlt ihm das musikalische Talent, aber als Klavierstimmer erwirbt er sich rasch den Ruf, der Beste seines Metiers zu sein. Als ihm der Edinburgher Klavierbauer Channon eine leitende Position in seiner Pariser Filiale anbietet, ist Brodie froh, Schottland und dem ungeliebten, despotischen Vater entkommen zu können. In Paris stellt er sehr bald fest, dass Channon Jr. im Begriff ist, die Firma seines Vaters herunterzuwirtschaften, und er entsinnt einen genialen Marketing-Plan, dies zu verhindern. Für eine stattliche Summe kann er den irischen Klaviervirtuosen John Kilbarron dafür gewinnen, seine Konzerte nur noch auf Channon-Flügeln zu spielen. Kilbarron, ebenso exzentrisch wie genial, verlangt, dass Brodie ihn auf seinen Tourneen begleitet. So lernt der junge Schotte die russische Sängerin Lika kennen, die die Liebe seines Lebens werden soll. Ihre Beziehung muss allerdings streng geheim bleiben, denn sie ist mit Kilbarron liiert. Nur ihretwegen begleitet Brodie den Musiker, alle Misslichkeiten und jeden Liebeskummer in Kauf nehmend. Sein Herz lässt ihm keine andere Wahl. - William Boyd (*1952) hat seine literarische Heimat in der ersten Hälfte des 20. Jh. gefunden, seine Erzählweise ist klassisch. Diese raffinierte Geschichte siedelt er zur Jahrhundertwende (1894 bis 1906) an, lässt seine Protagonisten illustre Orte wie Paris, Nizza und Sankt Petersburg besuchen. Es rührt zutiefst, wie bedingungslos und unerschütterlich er seinen Protagonisten an der Liebe zu dieser undurchsichtigen Frau festhalten und an ein glückliches Ende glauben lässt. Der leise erzählte Roman erweitert den Horizont des Lesers und beschert eine wohltuende Auszeit. (Übers.: Ulrike Thiesmeyer)