Die blaue Stunde

Die Rahmenhandlung spielt im Los Angeles des Jahres 1936, als ein gewisser Dr. Carriscant Kontakt mit der ehrgeizigen Architektin Kay aufnimmt. Er behauptet, ihr Vater zu sein, der ihre Mutter 1903 - kurz vor ihrer Geburt - verlassen hat. Er überredet Kay, ihn nach Lissabon zu begleiten, um eine Frau auf einem Illustriertenfoto ausfindig zu machen. Während der Überfahrt erzählt er den Abschnitt seines Lebens um den Zeitpunkt ihrer Zeugung in Manila herum, als er sich unsterblich in die Frau eines amerikanischen Militärs verliebt hatte und mit ihr die Flucht plante. Querelen mit neidischen Berufskollegen, der tödlich endende Flugversuch seines Anästhesisten und immer wieder die "zinnfarbene" Stadt vor dem Monsun bestimmen die Schilderung. Schon auf dem Weg zum Fluchtschiff wird der Mediziner verhaftet und letztlich wegen zweier verstümmelter Leichen zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. - Vom ewig blauen Himmel der Tropen ist in diesem Buch nicht eine Spur zu finden. Manila vor gut 100 Jahren ist eine in spanische Konventionen eingezwängte Stadt mit düsterem Wetter, genauso aufgewühlt, wie die Protagonisten agieren. Die Moderne bricht sich in Gestalt der amerikanischen Truppen in einem dem Standesdenken verhafteten Milieu Bahn. Der Umbruch lässt den Arzt den Versuch wagen, Frau und Heim um einer Liebesaffäre willen zu verlassen. Das Vorhaben scheitert an der Verkettung der Umstände, obwohl Carriscant alles bis ins Detail und hochdramatisch vorbereitet hat. In gewisser Weise darf das Buch, das bereits im Original 1993 erschienen ist (die deutsche Ausgabe 1995), als historischer Roman bezeichnet werden, beschreibt er doch eine längst untergegangene Welt.