Brasilien

Der Journalist Ruedi Leuthold erzählt in seinen detailreichen Reportagen, die zu einer "Reise" vom Amazonas nach São Paulo verknüpft sind, Geschichten aus dem brasilianischen Alltag. Hierfür lässt er Gewährsleute zu Wort kommen: Brasilianer und Brasilien Brasilianerinnen, die ihm von sich und ihrem Leben berichten. Dabei folgt der Autor der These, dass sich das Land in den letzten Jahren zwar immens gewandelt hat und zu einer wirtschaftlichen Großmacht aufgestiegen ist, viele uralte gesellschaftliche Widersprüche jedoch weiter bestehen. Beispielhafte Stationen: In einer Stadt inmitten riesiger Soja-Felder wird die Bedeutung des Exports nachwachsender Rohstoffe deutlich. Zwar wurde hierfür kein einziger Baum gefällt, die landwirtschaftliche Monokultur vertrieb allerdings die Viehwirtschaft, die ihrerseits einige Hundert Kilometer weiter den Regenwald rodete. In einem anderen Kapitel wird die Arbeit auf einem Gerichtsschiff beschrieben, auf dem Staatsanwälte, Friedensrichter und Gerichtspersonal den Amazonas entlang schippern und als "flussreisende Gerichtsbarkeit" Aufgaben von Strafverfolgung und ziviler Rechtsprechung wahrnehmen. Insgesamt kreist der Autor mehrfach um Themen wie Korruption, Vorteilsnahme und eine wenig ausgeprägte Zivilgesellschaft, die dem Fortschritt im Land entgegenstehen. Gleichzeitig lässt die Lektüre keinen Zweifel daran, dass Leuthold Brasilien und seinen Bewohnern viel Liebe und Respekt entgegenbringt.

Thomas Völkner

Thomas Völkner

rezensiert für den Borromäusverein.

Brasilien

Brasilien

Ruedi Leuthold
Nagel & Kimche (2013)

205 S.
fest geb.

MedienNr.: 389948
ISBN 978-3-312-00579-6
9783312005796
ca. 17,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Er
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