Was bleibt von uns
Nahid ist in einer westlich geprägten Familie in Teheran unter dem Schah aufgewachsen. Sie wird zum Medizinstudium zugelassen und ist der ganze Stolz ihrer Mutter und ihrer Schwestern. An der Uni wird Nahid in einen marxistischen Kreis hineingezogen. Dann kommt die Revolution, aber nicht die vom Kreis der Studenten angestrebte marxistische, sondern die islamische. Die aufbegehrende Jugendliche schwebt ab jetzt in Lebensgefahr. Als sie ihre zehnjährige Schwester auf eine Demo mitnimmt, kommt es zu einer Katastrophe. 30 Jahre später ist Nahid, inzwischen sechzig Jahre alt, unheilbar an Krebs erkrankt. Sie lebt mit ihrer Tochter Aram in Schweden und ringt mit ihren Schuld- und Schamgefühlen, es quält sie sehr, dass sie ihre Mutter im Iran zurückgelassen hat und dass Aram bald in der fremden Heimat alleine sein wird. Nahid liebt ihre Tochter, aber stößt sie immer wieder mit ihren rüden Äußerungen vor den Kopf. Vielleicht, sinniert Nahid, "bewegt sich Schmerz im Kreis, vielleicht verursachte ich ihr Schmerz, um meinen zu rächen." - In Zeiten der Flüchtlingskrise und mit Iran erneut im Fokus der Weltpolitik greift dieses Buch auf beeindruckende Weise Einzelschicksale auf und führt den Lesern vor Augen, was es heißt, seine Heimat und seine Familie zu verlassen, um zu versuchen, in einem fremden Land Wurzeln zu schlagen. In kurzen, prägnanten Kapiteln wird in einer Art Tagebuch Nahids Vergangenheit aufgerollt und kommentiert. Die iranisch-schwedische Autorin Hashemzadeh Bonde verarbeitet in diesem ihrem zweiten Buch zum Teil ihre eigene Familiengeschichte. Eine erschütternde und von existenziellen Fragen durchdrungene Lektüre, die sehr berührt.(Übers.: Sigrid C. Engeler)
Maria Holgersson
rezensiert für den Borromäusverein.
Was bleibt von uns
Golnaz Hashemzadeh Bonde
Nagel & Kimche (2018)
218 S.
fest geb.