Der Teufel in der Schublade
Vor zweihundert Jahren übernachtete Goethe - angeblich - in dem kleinen Ort Dichtersruh in der Schweiz. Der Ort macht sich diesen Umstand zunutze und wirbt sehr wirksam damit. Doch nicht nur der Tourismus wird damit angekurbelt, auch die Bewohner selbst meinen, sie seien zum Schreiben berufen. Bis jetzt hat es zwar noch keiner geschafft, etwas zu veröffentlichen, aber Manuskripte finden sich in jedem Haushalt. Eines Tages erscheint ein Dr. Fuchs im Ort und gibt sich als Verleger aus. Einzig der Vikar steht dem Neuankömmling kritisch gegenüber und sieht in ihm den menschgewordenen Teufel. Dr. Fuchs biedert sich bei den Dorfbewohnern an und verspricht, ihre Manuskripte zu veröffentlichen und einen Literaturwettbewerb auszuschreiben. Jeder will in den Genuss des Preises kommen. Durch Eifersüchteleien und Missgunst zerbrechen die Dorfgemeinschaft und Familienbande. - Die in eine doppelte Rahmenhandlung gebettete Geschichte oder Parabel erinnert nicht von ungefähr an Goethes Faust. Die Parallelen sind eindeutig. Die Füchse agieren als Symbol für den Teufel und sind immer da präsent, wenn auch der Teufel in Menschengestalt erscheint. Er schafft es, dass das Böse die Gemeinschaft ins Chaos stürzt. Hass und Neid breiten sich aus wie die Tollwut. Der kurze Roman führt vor Augen, wie leicht das Schlechteste im Menschen hervorgerufen werden kann.
Angela Hagen
rezensiert für den Borromäusverein.
Der Teufel in der Schublade
Paolo Maurensig ; aus dem Italienischen von Rita Seuß
Nagel & Kimche (2020)
127 Seiten
fest geb.