Unter Deutschen

In den Tagebüchern und Briefen John F. Kennedys - geschrieben während seiner Besuche 1937, 1939 und 1945 in Deutschland - zeigt sich deutlich, welch weiten Weg er in seinem Denken, seiner Weitsicht und Urteilsfähigkeit noch zurücklegen musste, Unter Deutschen um der Hoffnungsträger in der Zeit des Kalten Krieges zu werden. Auf seinen Reisen - 1937 als Student, 1939 als Sekretär seines Vaters (US-Botschafter in London) und 1945 als Journalist im Gefolge des US-Marineministers - hielt er seine Eindrücke in meist banalen Texten fest, die kaum politische Überlegungen, dafür aber Anmerkungen zu privaten und touristischen Erlebnissen enthalten. Besonders während der ersten beiden Reisen erweist er sich als politisch naiver, oberflächlich und vorschnell urteilender junger Mann, dem z.B. Faschismus und Nationalsozialismus für Italien und Deutschland notwendig erscheinen, der die nordischen Rassen als überlegen ansieht, das technische Know-how der Deutschen bewundert und nur dem blinden Gehorsam und dem Obrigkeitsdenken kritisch gegenübersteht. Bei seinem dritten Besuch - konfrontiert mit den Folgen des Krieges - wird sein Blick kritischer; er nimmt z.B. Kontakt zu Alliierten und zu Deutschen auf, besucht u.a. das zerstörte Berlin und überdenkt eine mögliche Neuordnung Deutschlands, bleibt jedoch in der Bewertung Hitlers sehr zwielichtig, indem er ihn "als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten, die je gelebt haben" bezeichnet. - Sehr aufschlussreich!

Inge Hagen

Inge Hagen

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Unter Deutschen

Unter Deutschen

John F. Kennedy. Hrsg. von Oliver Lubrich
Aufbau (2013)

256 S. : zahlr. Ill.
fest geb.

MedienNr.: 574509
ISBN 978-3-351-02761-2
9783351027612
ca. 9,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ge
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