Der Freund

Eine namenlose Erzählerin, eine Schriftstellerin und Dozentin für Creative Writing, versucht mit dem überraschenden Freitod ihres besten Freundes, der einmal ihr Lehrer und für eine Nacht auch ihr Geliebter war, zurechtzukommen. Sie führt ein Der Freund Gespräch in Form eines Monologes mit dem Abwesenden, einem bekannten Schriftsteller, einem promiskuitiven, gut aussehenden Mann, der den Klassenraum für einen erotischen Raum hielt und Probleme mit dem Feminismus, dem Älterwerden und dem Alleinsein hatte. Sie versucht, die Erinnerung an den Freund lebendig zu halten, erinnert sich auch an seine drei Ehefrauen und die Freundinnen zwischendrin. Aber vor allem denkt sie über ihre gemeinsame Liebe zur Literatur nach, über die Frage, ob ein Buch den Lesern gefallen muss oder ob es die Erwartungen des Autors erfüllt; aber auch über die heutigen narzisstischen Literaturstudenten, die kaum noch lesen. Als Ehefrau drei sie bittet, sich um den Hund des Freundes zu kümmern, nimmt sie ihn zu sich, wohl wissend, dass ihre Wohnung zu klein ist und Hunde dort verboten sind. Aber: "Deinen Hund zu haben, ist, als wäre ein Teil von dir hier". Apollo, die riesige Dogge, hat Depressionen. Wenn sie ihm Rilke vorliest, ist er entspannt und schläft ein; Knausgård zerkaut er zunächst, lauscht dann aber doch. Am Schluss akzeptiert sie den Verlust, indem sie darüber schreibt. Ein herausragendes Buch voller Menschenkenntnis und Witz, in dem die Beziehung zwischen Erzählerin und Hund nur ein gefühlvoller Aspekt des Romans ist, in dem ebenso zeitlose wie auch aktuelle Fragen an die Literatur aufgegriffen werden. Allen Büchereien, vor allem Literaturliebhabern, empfohlen.

Ileana Beckmann

Ileana Beckmann

rezensiert für den Borromäusverein.

Der Freund

Der Freund

Sigrid Nunez ; aus dem Amerikanischen von Anette Grube
aufbau (2020)

233 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 600334
ISBN 978-3-351-03486-3
9783351034863
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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