Hirnforschung - was kann sie wirklich?
Noch nie in der Wissenschaftsgeschichte waren die Neurowissenschaften so stark gefragt wie zurzeit. So veranstaltete die "Gemeinnützige Hertie-Stiftung" eine Veranstaltungsreihe, in der bedeutende deutsche Neurowissenschaftler und Neurowissenschaftlerinnen
über die Erfolge, Potenziale und Grenzen ihres Arbeitsgebietes berichtet haben. In den vier großen Teilen geht es darum, wie das Gehirn als zentrales Steuerungsorgan des Menschen funktioniert, was die Hirnforschung zum Verständnis des eigenen Ich beitragen kann, welche Auswirkungen Störungen der Hirnfunktion haben und wie die Hirnforschung bei gesellschaftlichen Problemen helfen kann. Themen sind u.a. das Denken, die Sprache, das Bewusstsein, Gefühle, Krankheit (Alzheimer!), Schmerz, Verbrechen, Schule, Technik und Wirtschaft. Abschließend geben ein Philosoph, eine Psychoanalytikerin und ein Soziologe einen Kommentar zu den Vorträgen ab. Insgesamt zeigt sich, dass es einen Graben gibt, "zwischen dem, was wir wissen, und dem, was wir wissen wollen." Pointiert drückt es der Philosoph Gert Scobel so aus: "Der Mensch ist ein Wesen, das auch außerhalb des Labors lebt und dort verstanden und begriffen werden sollte." So kommt der Verdacht auf, dass die Hirnforschung aus grundsätzlichen Ursachen heraus vieles nicht erreichen kann, was das Gehirn und den Geist des Menschen betrifft, wenn sie auch auf einigen Gebieten nicht zu unterschätzende Erfolge vorweisen kann. - Ab mittleren Beständen möglich.
Michael Mücke
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Hirnforschung - was kann sie wirklich?
hrsg. von Michael Madeja. Mit Fotogr. von Barbara Klemm
Beck (2016)
239 S. : Ill.
fest geb.