Zölibat

Der Zölibat gilt seit Jahrhunderten als ein Grundpfeiler des katholischen Klerus. Angesichts eines gravierenden Priestermangels und der Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche, für die die Ehelosigkeit zwar nicht die Ursache, sicher aber Zölibat ein Katalysator gewesen ist, werden die Stimmen der Zölibatsgegner lauter. Auf der sogenannten Amazonas Synode im Oktober 2019 brachten Kritiker wie der ehemalige brasilianische Bischof Erwin Kräutler ganz praktische Einwände gegen den Zölibat vor - es fehle schlicht an Priestern, um die Eucharistie im Amazonasgebiet zu feiern. Ein weiterer Zölibatsgegner ist der Kirchenhistoriker (und Priester) Hubert Wolf. In seinem schmalen Band mit dem einfachen Titel "Zölibat" stellt er 16 Thesen für die Abschaffung der priesterlichen Ehelosigkeit auf. Dass er dafür nicht nur auf Argumente des aktuellen Zeitgeistes zurückgreift, sondern etwa acht seiner Thesen mit historischen Fakten belegt, ist für die Diskussion um die Abschaffung des Zölibats eine Bereicherung, denn allzu oft wird von Befürwortern angeführt, dass sich die katholische Weltkirche nicht jedem Zeitgeist beugen könne. Ebenso förderlich ist sein sachlich-analytischer Schreibstil, mit dem er die Thesen jeweils ausführt und darlegt, dass der Zölibat seiner Meinung nach hauptsächlich ein Machterhaltungsinstrument des Klerus sei. Vor dem Hintergrund der aktuellen Zölibatsposse um eine Mitautorenschaft Josef Ratzingers in einer Streitschrift für den Zölibat klingt die abschließende Frage des Autors nach dem Weg, welche die Kirche einschlagen wird, um den Problemen der Zeit zu begegnen, fast schon herausfordernd.

Sebastian Heuft

Sebastian Heuft

rezensiert für den Borromäusverein.

Zölibat

Zölibat

Hubert Wolf
C.H.Beck (2019)

C.H. Beck ; 6363 : Paperback
190 Seiten
kt.

MedienNr.: 598565
ISBN 978-3-406-74185-2
9783406741852
ca. 14,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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