Paul ohne Jacob

Von einem kleinen Bruder entthront zu werden, ist kein Spaß. Ganz besonders nicht, wenn dieser am Down-Syndrom leidet und alle Aufmerksamkeit der Eltern fordert. Gäbe es da nicht seinen Opa - Paul würde noch viel öfter ausflippen und Jacob noch mehr ans Ende der Welt wünschen. Weit weg von ihm und seiner, Pauls Familie, die Jacob total durcheinandergewirbelt und damit Paul alles weggenommen hat, was er liebte und was ihm wichtig war: Die Zeit eben, als Paul noch ohne Jacob war. Der 11-jährige Paul versteht nicht, was an diesem seltsamen Jungen, der immer lustig ist, und Paul anscheinend sehr ins Herz geschlossen hat, liebenswert sein soll. Jacob kann doch nichts, denkt er. Und dadurch, dass Paula Fox beim Schreiben Paul sehr nahe bleibt, ist auch der Leser - entgegen aller political correctness - fast überzeugt davon, dass Paul irgendwie recht hat. Aber dann entfernt sich die Autorin immer mehr von Paul. In dem Maß, in dem sich Paul von anfänglicher kindlicher Enttäuschung und Eifersucht hin bewegt zu Verbohrtheit, in dem Maß kommt der Leser dem unschuldigen Jacob näher. Wobei Paul und der Leser auf diesem Weg begleitet werden von Pauls ebenso lebensklugen wie geduldig-gelassenem Opa. Dieser macht Paul deutlich, dass man seine eigenen Einschätzungen immer wieder überprüfen muss, dass man oft glaubt Menschen zu verstehen, in Wahrheit aber nur an seinen eigenen Erklärungen hängt. Paul und Jacob, das, so lernt Paul, gibt es gar nicht mehr. - Ein Buch, mit dem man Kinder nicht alleine lassen sollte, das aber wegen der sehr realen, lebensnahen, aber auch behutsam klugen Auseinandersetzung mit dem Thema Behinderung und Andersartigkeit als Gesprächsgrundlage sehr zu empfehlen ist.