Herrliche Zeiten

Der Titel des Romans, der die Jahre 1937 bis 1968 umfasst, ist polemisch gemeint. Lässt der 1957 geborene Norbert Leithold doch seine Protagonisten unter Bedingungen agieren, die kaum Anlass zu Lobpreisungen geben. Denn obwohl Hermann Kypscholl, Hersteller Herrliche Zeiten von Wehrmachtsuniformen, am Krieg ein Vermögen verdient, muss er sich nach 1945 vor Gericht verantworten. Seine Tochter Anna, eine besessene Verfechterin der Rassenhygiene, flieht ins Mecklenburgische und versteckt sich hinter geistiger Verwirrtheit. Obwohl es Otto Kypscholl, Annas jüngerem Bruder, gelingt, an den im Auftrag der Nationalsozialisten durchgeführten europaweiten Kunstraubzügen zu partizipieren, gehört auch er zu den Verlierern. Denn wie er einst seinen Vater verachtet hat, bleibt auch ihm sein 1950 geborener Sohn die Zuneigung schuldig. So hängt in Leitholds lakonisch, zuweilen drastisch erzähltem Roman alles mit allem zusammen. Indem der eloquente Schriftsteller auf die chronologische Einhaltung des Zeitgeschehens bedacht ist, entsteht eine aus wechselnden Perspektiven vorgetragene, authentisch wirkende Familiengeschichte. Wenn einige der das gesellschaftliche Leben in Ost und West betreffende Episoden parodistisch angelegt sind und mitunter provozierend wirken, fügen sie sich in einen facettenreichen Roman ein, der anregende Lesezeit verspricht.

Kirsten Sturm

Kirsten Sturm

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Herrliche Zeiten

Herrliche Zeiten

Norbert Leithold
Dt. Verl.-Anst. (2014)

527 S.
fest geb.

MedienNr.: 396735
ISBN 978-3-421-04620-8
9783421046208
ca. 22,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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