Joseph Walsers Maschine

Joseph Walser, einfacher Arbeiter in einer Rüstungsfabrik, hat die Aufgabe, eine große Maschine in Gang zu halten. Diese monotone Pflicht erfüllt er gerne und beinahe genussvoll, bis es einmal zu einem Unfall kommt und er den Zeigefinger seiner Joseph Walsers Maschine rechten Hand verliert. Daraufhin wird er in der Verwaltung beschäftigt sein, so dass ihm als einziger Lebensinhalt nur noch seine etwas skurrile Sammlung an kleinen Metallstücken bleibt. Weder bei seiner Frau Margha noch in der sich regelmäßig treffenden Würfelspielrunde findet er Freude. Sein Leben spielt sich geregelt und emotionslos in einer Stadt ab, die von einer fremden Besatzungsmacht belagert ist, die marodierende Untergrundmilizen bekämpfen. Doch Walser stört der Belagerungszustand nicht, weder die Tatsache, dass einer seiner Freunde gefangengenommen und erschossen wird, noch dass überall auf den Straßen Versehrte und Tote liegen. Allem begegnet er mit einer durch die Vernunft begründete Apathie, eine Art Strategie, die Emotionen und Gefühle ausschaltet und ihm auch hilft, die bösartigen Tiraden seines Chefs gleichgültig zu ertragen. - Die wenigen Erzählstränge konzentrieren sich auf den Helden, der eher als Anti-Held in einer seltsam zeitlosen Atmosphäre sich zwar über das Menschsein und die Existenz Gedanken macht, doch daraus keine Konsequenzen zieht und nie selbsttätig handelt. Er ähnelt seiner Maschine, er lebt als unauffälliger Einzelgänger, ein Einzelteil eines größeren, unverständlichen Mechanismus. Die scheinbar teilnahmslose, distanzierte Erzählstimme und der essayistische Ton stellen dieses Buch in die Tradition der Gedankenprosa, ausgehend von Voltaires philosophischer Novelle bis zu Kafkas und Pessoas Werken. Sprachlich sehr klar und inhaltlich stark herausfordernd, ist dieses Buch auch in der deutschen, tontreffenden Übersetzung von Marianne Gareis sehr zu empfehlen.

Luísa Costa Hölzl

Luísa Costa Hölzl

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Joseph Walsers Maschine

Joseph Walsers Maschine

Conçalo M. Tavares
Dt. Verl.-Anst. (2014)

170 S.
fest geb.

MedienNr.: 400640
ISBN 978-3-421-04627-7
9783421046277
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.